Der Papiertiger: Japan |
|
Der Papiertiger ist eine Enzyklopädie des Sadomasochismus, zusammengestellt von Datenschlag. Hier erklären wir Begriffe aus dem SM-Bereich und stellen sie in den Zusammenhang der sadomasochistischen Subkultur und ihrer Traditionen.
Der Papiertiger hatte Kontakt zu einer japanischen Gruppe von Sadomasochisten (vgl. Danksagungen). Von dieser stammen die Beschreibungen spezifisch japanischer Eigenarten.
Japan hatte in der Zeit vor der erzwungenen Öffnung zum Westen im 19. Jahrhundert eine ganz eigene Tradition des Sadomasochismus und der Bondage, die als normaler Teil der Sexualität galten. Diese Tradition ist durch die Übernahme "moderner" westlicher Werte und einer steigenden Prüderie der Gesellschaft weitgehend verloren gegangen. Heute ist die Situation japanischer Sadomasochisten nicht wesentlich anders als die der westlichen, durch den relativ großen Konformitätsdruck der japanischen Gesellschaft eher schwieriger.
Bondage und Sadomasochismus werden im gegenwärtigen Japan sehr deutlich zu jenem Bereich des Daseins gezählt, den man mit der Farbe Pink bezeichnet, d. h. sie stehen - zumindest in der Meinung einer breiten Mehrheit in Japan - mit Prostitution (die offiziell in Japan noch immer verboten ist) und anderen "sozial unerwünschten" sexuellen Erscheinungen in einer Reihe. So können viele der im Ausland verbreiteten Bondage- und SM-Bilder und -Filme in Japan selbst bestenfalls am Rande der Legalität vertrieben werden. Selbst die Abbildung von Schamhaaren bildet in Japan noch immer zumindest eine rechtliche Grauzone, und Generationen von Studenten haben sich bis in die jüngere Vergangenheit ein Zubrot verdient, indem sie in nach Japan importierten Kunstbänden auf klassischen Gemälden erkennbares Schamhaar schwärzten.
Der europäische Mainstream bekam etwa 1993 Kontakt mit einem Teil des japanischen Sadomasochismus über den Film Tokio Dekadenz, siehe dort.
In einer Art japanischer SM-Welle Anfang der 80er Jahre wurde Sadomasochismus zunehmend in der jap. Öffentlichkeit bekannt und aus den USA wurde der Kult um die Farbe Schwarz eingeführt. Interessanterweise scheint Schwarz eher für Spiele mit einem männlichen Bottom und weiblichen Top wichtig zu sein, nicht so sehr mit anderer Rollenverteilung. Im "traditionellen" jap. SM scheint die dominierende Farbe eher rot zu sein, besonders als Farbe der Spielzeuge (rotes Wachs, rote Seile). Für Fesselspiele wird von vielen Japanern als Material für die Seile ungefärbter Hanf bzw. Jute bevorzugt. Die damit verbundene Ästhetik hat inzwischen auch im Westen viele Liebhaber gefunden.
Die allgemeine sadomasochistische Literatur scheint in einer ähnlichen Situation zu sein wie in Deutschland: Bücher über sichere Praktiken sind Mangelware und wenn vorhanden unrealistisch (Stand 1996).
In der Literatur geniesst die Geschichte der O einen ähnlich hohen Stellenwert wie unter Sadomasochisten im Westen. Umgekehrt gibt es eine Beeinflussung des hiesigen Sadomasochismus durch J. in Folge der Manga und Anime. Zwar gibt es auch westliche Comics, die sich mit dem Thema beschäftigen, doch scheint es in J. stärker in die allgemeine Comic-Kultur eingebettet zu sein.
Der amerikanische Einfluss erstreckt sich auch auf die Sprache, so sind ein ganze Reihe von Begriffen aus dem Englischen japanisiert worden. So ist muchi das jap. Wort für Schlaginstrumente von Peitsche bis Rohrstock, aber Abwandlungen von whip und crop werden benutzt. Für Paddle gibt es den Ausdruck padoru, Knebel ist nicht nur sarugutsuwa, sondern auch gyagu (eng. gag) und Ballknebel wird damit zu boru gyagu. Auffällig sind auch korusetto für Korsett, buutsu für Stiefel (engl. boots) und gomu bzw. rabar für Gummi (eng. rubber). Der Sadomasochimus selbst wird als sado-mazo bezeichnet.
Daneben gibt es natürlich eigene Worte: Seil nawa, Kette kusari, Handschellen tejou bzw. tekase, Knoten musubime, Augenbinde mekakusi, Kapuze zentou-masuku bzw. fuudo (vielleicht von eng. hood), Halsband kubiwa, Leder kawa.
Für Personen und Titel gibt es Zofe meido (eng. maid) oder jochuu, Sklave (beide Geschlechter) dorei, Herr shujin (als Anrede (?) goshujin-sama), Herrin joou-sama, Spielzeug omocha, Gefangener (beide Geschlechter) horyo.
Gefühle sind: Schmerzen itami bzw. kutsuu, Freude bzw. Vergnügen kaikan, Erniedrigung kutsujoku bzw. haji, Unterwürfigkeit fukujuu bzw. kuppuku. Bestrafung shobatsu, Folter goumon, Macht chikawa bzw.
kenryoku.
Bei Fesselspielen scheint es eine vom Westen abweichende Tradition in der Art zu geben, wie die Hände des Bottom gefesselt werden. Während im Westen die Hände eher an den Handgelenken zusammengebunden werden, liegen in J. die Unterarme eher parallel zueinander, so daß die Fingerspitzen an den Ellbogen des anderen Arms zu liegen kommen. Dazu wird noch (bei Frauen) ein Strick über- und unterhalb der Brüste geführt, der um Oberarme und Oberkörper läuft.
Ein Spiel, das im europäischen Kulturkreis fast unbekannt ist ist die Nostril Torture.
Synonyme: Sado-Mazo
Siehe auch: Asian_Bondage
Auf diesen Eintrag verweisen: Anime, Asian Bondage, AZZLO, Berquet, Gilles, Comics, Haare, Manga, Nostril Torture, Sadomasochismus, Schwarz, Schwebefesselung, Sensei, Shibari, SM-Welle, Sorayama, Hajime, Stäbchenpresse, Subkultur, Zungenfolter
Nach Japan suchen in: Google Search | Datenschlag | Altavista | Google Groups
Stand: 01.12.2002.
Impressum
© 1996 - 2005 by Datenschlag - Alle Rechte vorbehalten