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Gerade im Zusammenhang mit einverständlichen sadomasochistischen Handlungen besteht die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung eines strafbaren Tatbestandes bei Durchführung der zB oben beschriebenen Praktiken in erhöhtem Maße. Trotzdem muß es möglich sein, das durch Verfassungsrecht geschützte indisponible Rechtsgut des Privatlebens so zu gestalten, daß man nicht befürchten muß, immer mit einem Bein im Gefängnis zu stehen. Bezogen auf den Anlaßfall zu dieser Arbeit muß man sich jetzt wohl fragen, ob SM an sich schon verboten sei. Diese Frage ist wahrscheinlich zu verneinen, da unser Recht ja nicht wie in Großbritannien fallbezogenes Case-Law, sondern fixiertes Recht ist.
Obwohl es bis dato kein Gesetz gibt, welche SM explizit verbieten, soll in diesem Zusammenhang doch § 89 StGB Erwähnung finden, der eventuell anwendbar sein kann, auch wenn es nicht zu einer KV kommt.
Grundvoraussetzung für die Verwirklichung des Gefährdungstatbestandes ist ein Verhalten, das für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines vom Täter verschiedenen Menschen sozialinadäquat gefährlich ist, dh der Täter setzt ein objektiv sorgfaltswidriges Verhalten, wobei Begehung durch Fahrlässigkeit gem. § 6 StGB genügt. Hierbei muß es sich um ein qualifiziert gefährliches Verhalten handeln, wie die Begehensweise des § 81 Z 1 oder Z 2 StGB dies verlangt. Die dabei gemeinte qualifizierte Gefährlichkeit muß strikt für den "Zeitraum der Verhaltensvornahme" und von der "Position des Sich-Verhaltenden" her bestimmt werden.2.31 Auch setzt die geforderte Gefährdung eine Situation voraus, die nicht nur allgemein, sondern auch und gerade im besonderen Fall die Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses befürchten läßt, also wenn ein sachkundiger Beobachter, der zur Zeit des Ablaufs des zu beurteilenden Geschehens am Standort des Betroffenen postiert zu denken ist, eine Beeinträchtigung eben desjenigen an Leib und Leben ernstlich für möglich hält.2.32 Daraus läßt sich folgern, daß eine abstrakte Gefährdung nicht genügen würde. Judikatur und Rechtsprechung zielen bei der konkreten Gefährdung aber auch darauf ab, daß es "nur noch von unberechenbaren und unvorhersehbaren Umständen - somit vom Zufall - abhängt", ob eine Beeinträchtigung des - Betroffenen an Leib oder Leben erfolgt oder nicht.2.33
Auch hier gilt § 90 StGB - gemäß dem ausdrücklichen Hinweis auf die "Gefährdung der körperlichen Sicherheit - als Rechtfertigungsgrund, wobei dieser aber nur anwendbar ist, wenn nicht nur in das Verhalten des Täters allein, sondern auch in den mitumfaßten Gefährdungserfolg miteingewilligt wird.
Bei einer SM-Handlung läßt sich der M naturgemäß nicht nur auf das Verhalten - Auspeitschen, Fesseln etc - ein. Er/sie weiß auch, welche Folgen im allgemeinen dieses Verhalten mit sich zieht. Diese sind ja gerade zu gewünscht und führen zum erwünschten Zweck - der sexuellen Stimulation und in Folge zur Befriedigung der Bedürfnisse. Wie bereits weiter oben ausgeführt, wird das Verhalten so sicher und mit gesundem Menschenverstand wie möglich praktziert - safe, sane and consensual - und wird daher eine Einwilligung - da im § 89 StGB nicht explizit auf die guten Sitten abstellt wird - unproblematisch als gültig anzunehmen sein, wenn die sonstigen Erfordernisse erfüllt sind.
Somit bleibt nur noch der fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführte Erfolg, also die Verletzung des B, der trotz expliziter Erwünschtheit und erfolgter, gültiger Einwilligung aufgrund der Offizialmaxime vom Staat verfolgt und bestraft werden kann.
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