Der Papiertiger: AG S/MÖff |
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Der Papiertiger ist eine Enzyklopädie des Sadomasochismus, zusammengestellt von Datenschlag. Hier erklären wir Begriffe aus dem SM-Bereich und stellen sie in den Zusammenhang der sadomasochistischen Subkultur und ihrer Traditionen.
Vollständiger Name "Arbeitsgemeinschaft S/M und Öffentlichkeit", bestand von 1991 bis 2000. Sitz war in Neumünster.
Die AS war seit Mai 1996 an das Internet angebunden (siehe S/M-Depesche 5/6 1996), sie unterhielt eine Webseite unter www.agsmoeff.org und eine Mailingliste.
Die AS wurde im Sommer 1991 im SM-Syndikat Hamburg gegründet, mit dem Ziel, die Interessen von Sadomasochisten in der Öffentlichkeit besser vertreten zu können. Seit 1992 arbeitete die AG S/MÖff als eigenständige Gruppe. Im Gegensatz zu AK Vernetzung wendete sich die AG S/MÖff vor allem an einzelne Sadomasochisten und an die Öffentlichkeit.
Zielsetzungen waren (pers. Komm):
[...] im wesentlichen die Erreichung gesellschaftlicher Akzeptanz und die Möglichkeit, S/Mern eine Informations- und Kommunikations-Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
Hierzu aus ihrer Selbstdarstellung:
Ziel der AG S/MÖff ist zum einen Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, um Vorurteilen und Falschinformationen in Öffentlichkeit, Wissenschaft, Justiz oder Politik entgegenzuwirken. Wir treten für ein Verständnis von Sadomasochismus ein, das auf dem Prinzip von Liebe und Vertrauen beruht und S/M als eine Form der individuellen Sexualität respektiert, die von Freiwilligkeit und gegenseitigem Einverständnis getragen wird (...).Zum anderen arbeitet die AG S/MÖff als bundesweiter Informationsknotenpunkt in der deutschen S/M-Szene. Wir vermitteln z.B. S/M-Interessierte an regionale S/M-Gruppen weiter, wobei uns unsere laufend aktualisierten Informationen über die Entwicklungen in der S/M-Szene zugute kommen. So können über die AG S/MÖff auch solche S/M-Gruppen erreicht werden, die selbst noch nicht in der Öffentlichkeit stehen.
Auch bemühen wir uns, im Rahmen unserer Möglichkeiten S/M-Interessierte in jeder Hinsicht zu beraten, wobei wir natürlich nicht in jedem Fall fachspezifische Beratung (medizinisch, psychologisch, juristisch etc.) ersetzen können. Oft kann aber gerade der Austausch mit Gleichgesinnten hier viel weiter helfen. Zudem hält die AG S/MÖff freundschaftlichen Kontakt zu Fachleuten aus den verschiedendsten Bereichen, die Anfragende in schwierigen Fällen oft unterstützen können.
Die Website der AG S/MÖff Herbst 1999 |
Die AG S/MÖff verschwand im Jahre 2000 für einen Großteil der deutschen sadomasochistischen Subkultur überraschend, die Internet-Domain wurde nicht mehr verlängert (und sofort von einem kommerziellen Pornoprovider neuregistriert). Die Gründe hierfür waren (Pers. Komm):
Die Situation bezüglich Öffentlichkeit und Gesellschaft hatte sich von 1992 bis 2000 gewaltig ins Positive geändert, u.a. sogar soweit, daß in den Massenmedien noch nicht einmal mehr großes Interesse herrschte, S/M war nahezu normal geworden und damit eben kein Quotenbringer mehr.Und auch die Infrastruktur (Kontakte, Termine, Gruppen etc.) hatte sich in den Jahren gewaltig verbessert, nicht zuletzt dank der nun monatlichen statt wie 1992 noch halbjährlich erscheinenden Schlagzeilen; auch das Internet hat sich im Laufe der Jahre mehr und mehr als ideale und viel genutzte Kommunikationsplattform entwickelt.
Aufgelöst hatten wir die AG S/MÖff gar nicht groß und offiziell, die Entwicklung über die Jahre hatte es schlicht mit sich gebracht, daß sich die AG S/MÖff von ihren Zielsetzungen erledigt bzw. überlebt hatte, das gilt auch und inbesondere für unsere Publikationen, die S/M-Depesche und das S/M-Adressbuch.
Hinzu kam, daß wir nach acht Jahren ehrenamtlicher Arbeit - frag nicht, was wir an Zeit und auch an privatem Geld hineingebuttert haben - auch erschöpft waren und die Lust verloren hatten, uns ständig mit Genörgel und Anspruchsdenken anderer an uns abzugeben.
Monatliche Zeitschrift (s. Eintr.: Zeitschriften) war die S/M-Depesche, die Ende 1999 in der Form als regelmäßige Veröffentlichung eingestellt wurde. Stattdessen sollten in unregelmäßigen Abständen "Specials" herausgegeben werden. Die AG S/MÖff gab ab 1993 das zweijährig erscheinende S/M-Adressbuch, ein Verzeichnis von Gruppen, Läden und Zeitschriften, heraus. Weiterhin unterhielt sie ein umfangreiches Archiv mit Veröffentlichungen aus Zeitungen, Magazinen etc., zu dem nur Gruppen aus der Wissenschaft und Presse Zugang hatten und das ebenfalls inzwischen eingestellt wurde. Begründung:
Das S/M-Archiv entstand 1990 zur Unterstützung unserer Aktivitäten, insbesondere der Öffentlichkeitsarbeit. Zwischen 1990 und 1997 wurden mehrere hundert Artikel aus Tageszeitungen, Publikums- und Fachzeitschriften und zum Teil auch Büchern zu Themen wie S/M, Fetischismus, "abweichende Sexualität", sexuelle Minderheiten, "Pornographie"-Diskussion, "Jugendschutz" etc. archiviert. In der Anfangszeit boten wir allen Interessierten den "Archiv-Service", d.h. die Möglichkeit, gegen Kostenerstattung Auszüge aus dem Archiv kopieren zu lassen.Nach etwa zwei Jahren waren wir allerdings gezwungen, diesen Service wieder einzustellen, da der erhebliche Zeitaufwand für die Abwicklung nicht mehr aufgebracht werden konnte. Überdies stellte sich heraus, daß etwa 90% aller Archiv-Bestellungen nicht etwa die ernsthaften, interessanten und zum Teil wirklich ausgefallenen Veröffentlichungen über S/M zum Ziel hatten [..]. Im Mittelpunkt des Interesses stand vielmehr [..] bunte Artikelchen vom Schlage "100 geile Gummi-Dominas" aus Postillen wie "SUPER ILLU" oder "COUPEE"...
Die AS erarbeitete 1991 ein sadomasochistisches Manifest (s. Eintr.: Manifest, sadomasochistisches), dessen Breitenwirkung allerdings gering blieb.
1992 organisierte die AS das erste überregionale Gruppentreffen deutschsprachiger sadomasochistischer Organisationen (in Neumünster), 1993 ein SM-Bundestreffen (in Hamburg).
Die Zusammenarbeit der AS mit anderen Gruppen der sadomasochistischen Subkultur war nicht immer reibungsfrei (Szene Intern, Ausgabe fehlt).
Siehe auch: Subkultur, AK Vernetzung
Auf diesen Eintrag verweisen: AK Vernetzung, Copyright, HCB Handbuch, Manifest, sadomasochistisches, Organisationen, S/M-Adressbuch, S/M-Depesche
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Stand: 31.07.2003.
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