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Eiszeit
Entstehungszeit zweier Venus-Figurinen aus der südrussischen Fundstätte von Kostienki, die teilweise mit Lederriemen gefesselt sind. Timothy Taylor (siehe Quelle) vermutet, dass die Darstellungen "explizit sexuell sind und Themen der Objektifizierung und Besitzergreifung teilen, die meinem Gefühl nach allen sogenannten Venus-Figurinen inhärent sind."
(Timothy Taylor: "Sexualität der Vorzeit", Wien 1997)
1376 vor unserer Zeitrechnung
Ein ägyptisches Kalkstein-Grabrelief zeigt das aristokratische Paar Bastret und Ra-Nates. Bastret hält einen Stock in der linken Hand, mit der rechten Hand zeigt sie kommandierend auf den Mann, der nackt und mit erigiertem Penis vor ihr kriecht. Die Inschriften besagen: "Siehe, es war schon von Anbeginn der Zeiten, dass die gesegnete Frau das Fleisch der Ungehorsamen schlagen soll".
Die Quelle ist leider unseriös; für Hinweise, ob diese Darstellung wirklich existiert und die Deutung korrekt ist, wären wir dankbar.
(WHAP-Magazin, Nr. 12, S. 36)
1. Jahrhundert
Im Titus Petronius Arbiter zugeschriebenen "Satyricon" wird der Erzähler Encolpus von seiner Impotenz geheilt, indem Enothea, eine Priesterin des Priap, ihm einen mit Öl, Pfeffer und gepulvertem Nesselsamen eingeriebenen Dildo in den Anus einführt, ihm mit der gleichen Mischung die Schenkel einreibt und schließlich seine Genitalien mit Brennesseln auspeitscht.
(Titus Petronius Arbiter "Satyricon", Kap. 16)
Frühe römische Kaiserzeit
Eine römische Lampe zeigt einen nackten Mann mit einer Erektion und einen bekleideten Mann mit einer Rute.
Die Lampe befand sich in der Sammlung Albert Molls, die unten stehende Quelle enthält eine Abbildung. Moll hält sie für einen Beleg dafür, "dass die erotische Flagellation auch bei den Römern bekannt war".
(Mol12, S. 492)
218 bis 222
Regierungszeit des römischen Kaisers Elagabal (Heliogabal). Zu etwa dieser Zeit werden Schmuckstücke angefertigt, die ihn nackt mit Peitsche und erigiertem Glied auf einem von Menschen gezogenen Zweispänner zeigen.
Sicher keine einvernehmliche Praktik, aber die erste bekannte Erwähnung von Ponyspielen.
(Frischauer, Paul "Weltgeschichte der Erotik. Teil 2", Knaur 1995, S. 59)
circa 300
Der römische Grammatiker Sextus Pompeius Festus berichtet von Leuten, die sich gegen Bezahlung auspeitschen ließen und die man "Flagratores" nannte.
Es scheint eher unwahrscheinlich, dass hier sexuelle Motive im Spiel sind. Vermutlich handelt es sich eher um eine Art der stellvertretenden Buße für den Auftraggeber.
(Due12, Band I, S. 352)
(Encyclopaedia Britannica)
circa 300
Mallanaga Vatsyayana stellt das "Kama Sutra" zusammen. Darin werden vier Schlagarten beim Liebesspiel, die zulässigen Körperregionen für Schläge und die Arten der wolllüstigen Schmerzenslaute des Bottoms vorgestellt. Der Text weist darauf hin, dass Schlagspiele ebenso wie das Kneifen und Beißen beim Geschlechtsverkehr nur einvernehmlich erfolgen dürfen, da nicht alle Frauen es als lustvoll empfinden.
Erster bekannter Text über SM-Praktiken und -Sicherheitsregeln.
("Die Liebeslehren des Kama Sutra", Unipart Verlag Stuttgart 1996)
Römische Kaiserzeit
Im römischen Kaiserreich sind Marken aus Bronze oder Kupfer in Gebrauch, die Spintriae oder Spintrien.
Aufgrund ihrer erotischen Darstellungen werden sie als Eintritts- oder Wertmarken für Bordelle gedeutet. In der Sammlung Albert Molls befindet sich eine solche Marke, auf der ein Mann den Koitus a posteriori ausübt und dabei Geißeln in der Hand hält, so zumindest Molls Deutung. Die Abbildung ist weder sehr groß noch sehr deutlich und lässt daher keine eindeutigen Schlüsse darauf zu, ob Flagellation zum Repertoire römischer Prostituierter gehörte. Moll hält sie für einen Beleg dafür, "dass die erotische Flagellation auch bei den Römern bekannt war".
(Mol12, S. 347, S. 492)
ca. 500
Der Talmud, eine Sammlung der Gesetze und religiösen Überlieferungen des Judentums, entsteht.
Der Talmud überliefert laut Magnus Hirschfeld, dass die Flagellation auf den Rücken zu einer Samenentleerung führen kann. Leider ist uns die genaue Stelle unbekannt.
(Hir55, S. 400)
1. August 527
Kaiserin Theodora besteigt den Thron des Oströmischen Reiches. Nach dem Geschichtsschreiber Prokopius ließ Theodora "einen ihrer Diener, einen sehr schönen Jüngling, ohne Ursache mit Ruten peitschen, obgleich sie heiß in ihn verliebt war." Laut Hirschfeld war dieser Diener namens Aurobindus "in der Kindheit ihr Spielgefährte gewesen und wurde später ihr Sklave, so daß er ihre Orgien mit ansehen musste, ohne selber zum Ziel zu gelangen."
Woher Hirschfeld seine Informationen bezieht, ist unklar.
(Prokopius, Historia arcana, Kap. 16, um 550 n.C.)
(Hir55, S. 392)
circa 540
Geburt des Heiligen Géry Gaugerich von Cambrai, Patron der Sklaven und Gefangenen, in Yvry, Luxemburg. Der spätere Bischof von Cambrai starb etwa 625 und wurde in der Kirche St.-Médard bei Cambrai in Frankreich beigesetzt.
(Gorys, Erhard "Lexikon der Heiligen", dtv 1997, S. 112)
circa 1200
Im Nibelungenlied wird die Hochzeitsnacht von Brünhild und König Gunther beschrieben: "Die Füße und die Hände sie ihm zusammenband, trug ihn zu einem Nagel und hing ihn an die Wand".
Das Originalzitat wäre uns lieber - hat jemand die Quelle zur Hand?
(Das Nibelungenlied. Verlag Phillip Reclam jun., Leipzig, 1989. Hochdeutsche Prosafassung von Manfred Bierwisch und Uwe Johnson, S. 52-53)
Zwischen 1200 und 1300
Henri d'Andely erzählt in "Le Lai d'Aristote" die Fabel vom Philosophen Aristoteles, der sich gesattelt und gezäumt von der schönen Hetäre Phyllis als Reittier benutzen lässt. Das Bild der Schönheit, die ihre Peitsche über der Weisheit schwingt, wird in der Folge häufig von bildenden Künstlern aufgenommen, z.B. Hans Baldung von Grien, "Aristoteles und Phyllis", Deutschland 1513. Eine frühere Abbildung findet sich ca. 1310/1320 auf dem Maltererteppich, einem gestickten gotischen Bilderteppich: "Weiberlisten", Ausschnitt: Der "zeltende" Aristoteles.
(Frischauer, Paul "Weltgeschichte der Erotik. Teil 1", Knaur 1995, S. 245-247)
(Noy97, S. 99)
(Maltererteppich-Abbildung reproduziert in DIE ZEIT, Nr.35/2000 vom 24. August 2000, S. 42)
circa 1210
Entstehung der Flagellanten-Bewegung in Mittelitalien. Die Angehörigen dieser schwärmerisch-religiösen Laienbewegung peitschen oder geißeln sich zur Buße selbst bis aufs Blut. Der religiöse Flagellantismus breitet sich in ganz Mittel- und Westeuropa aus und erreicht während der Pestjahre 1348 und 1349 seinen Höhepunkt. Papst Clement VI. (1332-1352) erlässt eine Bulle gegen die Flagellanten. Das Konstanzer Konzil verbietet die Bewegung 1417. Im 16. Jahrhundert entstehen in Frankreich zahlreiche Büßer- und Flagellantengesellschaften. 1601 erlässt das Parlament von Paris einen Befehl gegen die Brüderschaft der Flagellanten in Bourges und geht bald darauf gegen alle Flagellanten-Verbindungen vor, unter anderem mit der Begründung, sie seien unzüchtig. Vereinzelte Flagellanten-Prozessionen finden noch bis etwa 1820 statt.
Ob die Flagellanten-Bewegung eine sexuelle Dimension hatte, ist umstritten. "Der Fanatismus und der Aberglauben", heißt es bei Giovanni Frusta, "bildeten die erste Unterlage; die Sinnlichkeit kam später hinzu und vollendete das Werk."
(dtv Lexikon München 1999)
(Meyers Großes Taschenlexikon, Bd. 7, Mannheim 1995, S. 109 ff.)
(Coo99, S. 40 ff.)
(Fru34)
1336
Der besser als Tamerlan bekannte asiatische Eroberer Timur wird in Samarkand geboren.
Nach Meibom ließ sich Timur "zur Steigerung des Wollustgefühls geißeln"; die Quelle dieser Information ist nicht genannt.
(Mei47a, zitiert nach: Far91)
1347
Die Mystikerin, Heilige und Kirchengelehrte Caterina Benincasa oder Katharina von Siena wird im italienischen Siena geboren. Die 1380 gestorbene Hauptpatronin Italiens musste sich 1374 wegen ihres angeblich religions- und sittenwidrigen Verhaltens vor dem Generalkapitel der Dominikaner verantworten.
Die Nonne liebte es, sich von ihren Mitschwestern regelmäßig und entblößt bis zur rauschhaften "Verzückung" peitschen zu lassen. Der sexuelle Charakter der religiösen Visionen, die durch die Flagellation ausgelöst wurden, ist von Zeitgenossen bezeugt.
(Gorys, Erhard "Lexikon der Heiligen", dtv 1997, S. 170)
1489 oder 1494
Lucas von Leyden wird in Leiden (Niederlande) geboren. Von ihm stammt der Holzschnitt "Der versklavte Ehemann": Der Mann trägt Zügel, eine Frau mit Peitsche sitzt seitwärts auf ihm, auf ihn herabblickend. Der Künstler stirbt 1533.
(Encyclopaedia Britannica)
(Quelle für den Holzschnitt fehlt)
1498
Der italienische Humanist und Philosoph Pico della Mirandola schreibt in "Disputationum adversus astrologos" ("Gegen die Astrologen"): "Ich kenne einen Menschen von sehr verliebtem Temperamente, der demungeachtet keine Frau zu caressiren vermag, ohne vorher gegeißelt zu seyn. Umsonst hält ihm seine Vernunft entgegen, daß seine so raffinirte Wollust eine sträfliche Handlung sey, ja er macht dem Geißler sogar Vorwürfe, weil er nicht heftig genug zuschlage, wenn Ermattung oder Mitleid dessen Anstrengungen abnehmen lassen. Der Patient befindet sich nicht eher auf dem Gipfel seiner wollüstigen Empfindung, bis er Blut aus den Wunden träufeln sieht, welche die Geißelung zur Folge hatte. Schon einen Tag vorher läßt er die Ruthe in Essig weichen, die er dem Frauenzimmer, welches seiner Lust dienen soll, in die Hand geben wird, und auf den Knieen bittet er sie um die Gunstbezeugung, daß sie ihn blutig streiche. Je heftiger sie aufhaut, desto größere Ansprüche erwirbt sie sich auf seine Liebkosungen. Erst wenn er von Schmerzen ganz erschöpft ist, stellt sich das Wollustgefühl vollständig bei ihm ein. Wer nicht ganz moralisch verdorben ist, muß bei kälterm Blute solcher Excesse sich schämen und sie verabscheuen." Während Astrologen als Erklärung dafür die Position der Gestirne angeben, zitiert Mirandola die Begründung seines Freundes, seine Erziehung trage die Schuld, da er die ersten Jahre seiner Jugend in einem Institut mit anderen Knaben zugebracht habe, bei denen das Geißeln eine Lieblingsunterhaltung war.
Mirandolas Theorie, es handle sich bei den Anhängern dieser Praktik um "entnervte Wüstlinge" und "frostige Personen", die so ihren ermatteten Geschlechtstrieb wiederbeleben wollten, hält sich bis ins 21. Jahrhundert.
(Mir98)
(Mei47a)
(Far91)
(lateinischer Text auch in Eul11 und Fra79)
(dtv Lexikon München 1999)
1516
Ludovicus Caelius Rhodiginus (1469-1525) beschreibt in seinen "Lectiones antiquae" einen Mann, der "die lebhafteste Einbildungskraft besaß, die ihn stets mit erotischen Bildern quälte. Zum Liebeskampfe gebrach es ihm an natürlicher Wärme und physischer Kraft, daher er mit Rutenhieben diese gewaltsam aufregen mußte. Schwer ist zu entscheiden, ob diese Manipulation oder der Beischlaf selbst ihm höhern Genuß bereitete? Er ließ sich sogar zu Bitten gegen diejenigen herab, welche er zu seinen Peinigern sich auszuwählen pflegte. Die Ruthen ließ er immer einen Tag vorher in Essig legen. Schlug man ihn nicht heftig genug, so warf er mit Schimpfreden und den heftigsten Vorwürfen um sich. So lange nicht Blut trof, hielt er die Arbeit für unvollkommen. Dieser Mann war vielleicht der Einzige, welcher Schmerz und Lust zugleich empfand, indem ohne den Erstern er sich kein Wollustgefühl verschaffen konnte. Blutströmungen waren die Vorzeichen seines Hochgenusses."
(Ric16, 2. Buch, 15. Kapitel, zitiert nach der Übersetzung: Mei47a, zitiert nach: Far91)
1534
Otto Brunfels (1488-1534) schildert in seiner medizinischen Schrift "Onomastikon Medicinae" einen Mann, "welcher die eheliche Pflicht nicht eher leisten konnte, bis er tüchtig mit Ruthen gepeitscht worden war" sowie einen Ehebruchsprozess gegen einen Butter- und Käsehändler, in dem vor Gericht von einem Freudenmädchen ausgesagt wird, "daß der Angeklagte zur Zeugung ganz untüchtig sey, wenn er nicht vorher mit Ruthen gepeitscht würde, und daß sie, wenn er seinen Zweck erreichen wollte, die Operation mehrfach wiederholen und die Dosis stets verdoppeln mußte". Weiterhin berichtet er: "Es ist noch nicht lange her, daß ein Mann, der in Amsterdam eine der ersten Stellen bekleidete, des unzüchtigen Umgangs mit einer Frauensperson beschuldigt wurde, die er nicht ohne vorausgehende Flagellation seinen Wünschen willfährig machen konnte."
(Bru34, zitiert nach: Mei47a, zitiert nach: Far91)
circa 1539
Pierre de Brantôme, Seigneur de Bourdeille, wird geboren.
In seinen berühmten und häufig nachgedruckten Memoiren erwähnt Brantôme eine vornehme Dame, die mit Wollust ihre Kammerfrauen und Mädchen schlägt sowie einen "großen Herrn, der mit seiner Frau ähnliche Kurzweil vornahm; sodann berichtet er von einer im besten Rufe stehenden Frau, die als Mädchen von ihrer Mutter alle zwei Tage viermal Ruthenhiebe bekam, nicht als Strafe, sondern weil die Bewegungen der Hinterbacken und die Wendungen des Körpers bei diese Execution ihr Vergnügen machten. Dann kommt er auf einen hochgestellten Mann zu sprechen, der in seinem 84. Jahre, bevor er sich anschickte, die eheliche Pflicht zu erfüllen, durch Ruthenhiebe seine erschlaffte Natur künstlich zu erregen trachtete."
(Bra66, zitiert nach: Mei47a, zitiert nach: Far91)
1558
Der französische Parlamentsrat Andre Tiraqueau stirbt.
Laut Ludovicus Caelius Rhodiginus war Tiraqueau der sexuellen Flagellation zugetan.
(Mei47a, zitiert nach: Far91)
1559
Alfonso d'Este wird Herzog von Ferrara.
Albert Eulenburg kolportiert als "bekanntes geschichtliches Beispiel", Alfonso von Ferrara (an dessen Hof Torquato Tasso lebte) habe seiner Gemahlin nur nach vorangegangener Flagellation beizuwohnen vermocht. Alfonso stirbt 1597.
(Eul95, dort ohne Quellenangabe.)
circa 1580
Der englische Dichter Christopher Marlowe schreibt in einem Epigramm über einen Kritiker: "When Francus comes to solace with his whore, / He sends for rods and strips himself stark naked; / For his lust sleeps, and will not rise before / By whipping of the wench it be awaked. / I envy him not, but wish I had the power, / To make myself his wench but one half hour."
(Due12, Band I, S. 441f.)
1624
Kupferstich "Das Gesellschaftsspiel", Amsterdam 1624. Die Abbildung zeigt einen Edelmann, der seinen Kopf in den Schoß einer bekleideten Dame beugt, während zwei andere Damen ihn mit den Händen auf den Hintern schlagen. Der Titel deutet auf eine gesellschaftliche Konvention der Abbitte hin.
(Quelle fehlt)
1625
In Johann Barclays "Icon animorum" wird zum ersten Mal die bis ins 20. Jahrhundert immer wieder verbreitete Anekdote von der russischen Ehefrau berichtet, die sich nicht geliebt fühlt, weil ihr Mann sie nicht schlägt.
(Mei47a, zitiert nach: Far91)
1639
Der deutsche Arzt Johann Heinrich Meibom der Ältere (1590-1655), ein Professor der Medizin in Helmstädt, beschreibt in "Tractatus de usu flagrorum in re medica et venerea" Männer, die durch Peitschenhiebe erregt werden. Er stellt die Theorie auf, dass durch die Schläge das Sperma in den Nieren erwärmt wird und dann in den Hoden zur Erregung führt.
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts greift Ivan Bloch in seiner "Englischen Sittengeschichte" auf dieses physiologische Erklärungsmodell zurück.
(Mei47a, zitiert nach: Far91)
(Fis98, S. 76)
(Due12, Band I, S. 340f.)
Mitte des 17. Jahrhunderts
Danila Filippow gründet in Russland die Sekte Boschije Ijundi (russisch für "Gottesleute"), die jedoch als Chlyisten (von russisch chlyst "Peitsche") bekannt werden. Der Gottesdienst besteht in ekstatischen Tänzen und einer Wiederbelebung des Flagellantismus.
Die Sekte wird wiederholt verfolgt; wann sie ausgestorben ist, wissen wir nicht.
(dtv Lexikon München 1999)
vor 1658
Nicolas Chorier berichtet von der Herzogin Leonore Gonzaga von Mantua, sie sei auf Rat eines arabischen Arztes von der Hand ihrer Mutter mit Ruten gepeitscht worden, um die Konzeption zu befördern: "Tandem ex Arabis responso caesa - virgis Leonora parentis suae manu. Ad hanc diem, nullam ex Venere ceperat voluptatem. Hoc vero temporis momento - vehementissime mota est, lacessiti iterum verberibus lumbi, clunes et femora ad Venerem incensi".
(Zitiert nach Eul95, S. 124, zitiert nach Cho52.)
1660
In einem der ersten erotischen Romane, der "Académie des Dames" (1660) lässt sich eine junge Frau von einem alten Priester freiwillig Rutenstreiche auf das entblößte Gesäß verabreichen.
(Fis98, S. 79)
1669
Der dänische Arzt Thomas Bartholinus gibt eine neue Ausgabe von Meiboms Schrift heraus. Sie enthält zusätzlich zwei Briefe, in denen Meibom der Jüngere und Bartholinus neue Mitteilungen über das Thema, besonders über die Flagellation in Russland, austauschen.
(Bar69)
(Due12, Band I, S. 341)
1676
In dem Theaterstück "The Virtuoso" des britischen Dramatikers Thomas Shadwell lässt sich der alte Libertin Snarl von einer jungen Prostituierten auspeitschen. Auf ihre Frage, wie ihm etwas so viel Vergnügen bereiten könne, was ihr sehr wenig gefällt, antwortet er, er sei in Westminster School so daran gewöhnt worden, dass er seitdem nicht mehr davon lassen könne.
(Due12, Band I, S. 451)
1682
Das Theaterstück "Venice Preserv'd" des britischen Dramatikers Thomas Otway wird uraufgeführt. Es enthält eine Szene, in der die Prostituierte Aquilina den Senator Antonio auf dessen Wunsch anspuckt, wie einen Hund behandelt, tritt und schlägt.
(Noy97, S. 85f.)
(Encyclopaedia Britannica)
1698
Kristian Frantz Paullini bestätigt in "Flagellum salutis" im Wesentlichen Meiboms Theorie, geht jedoch davon aus, dass durch die Schläge auf die Nierengegend Blut und nicht Sperma aufgeheizt wird.
(Pau98, zitiert nach: Far91)
1700
Der Abbé Boileau veröffentlicht die "Historia Flagellantium de recto et perverso flagrorum usu apud christianos".
Das Werk wird bald ins Französische übersetzt und behandelt in zehn Kapiteln die religiöse Flagellation von den ältesten Zeiten bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in polemischer Weise, indem der Verfasser überall die weltliche und sexuelle Seite der "Disziplin" hervorhebt. Er betont nachdrücklich die Gefahren der Verbreitung des Geißelns durch psychische Ansteckung. Boileau wird heftig von religiösen Orden, insbesondere den Jesuiten, angegriffen.
(Boi00)
(Boi01)
(Due12, Band I, S. 342)
1704
Edward Ward, der Verfasser des "London Spy", schildert ausführlich eine von ihm beobachtete Episode aus einem Bordell, in dem ein etwa sechzigjähriger Mann sich erkundigt, ob Ruten im Hause seien. Als Ward sich erkundigt, was die Frage zu bedeuten habe, erfährt er von der Existenz der "flogging cullies" genannten Liebhaber der passiven Flagellation.
(Due12, Band I, S. 443f.)
28. Juni 1712
Der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau wird in Genf geboren.
Rousseaus Masochismus ist in seinen autobiographischen "Confessions" dokumentiert.
(dtv Lexikon München 1997)
1718
Eine englische Übersetzung von Meiboms "Tractatus" erscheint in London. Sie enthält ein Bild, das einen Mann darstellt, der eine Frau geißelt, während eine andere zuschaut.
(Mei18)
(Due12, Band I, S. 342)
1720
Martin Schurig veröffentlicht in seiner "Spermatologia historico-medica" ein Kapitel über den erotischen Flagellantismus unter besonderer Berücksichtigung der "Urtication", des Peitschens mit Brennesseln.
(Sch20)
(Due12, Band I, S. 344)
23. Oktober 1734
Der französische Autor und Typograph Nicolas-Edme Restif, besser bekannt unter dem Namen Restif de la Bretonne, wird in Sacy bei Auxerre in Frankreich geboren.
Restif de la Bretonne wird von Havelock Ellis als der erste gut dokumentierte Fall eines Schuh- und Fußfetischisten beschrieben. Die (seltene) Bezeichnung "Retifismus" für Fuß- und Schuhfetischismus leitet sich von seinem Namen ab.
(Encyclopaedia Britannica)
(Ell42, Band II, Teil 1, S. 18 ff.)
2. Juni 1740
Der unfreiwillige Namensgeber des Sadismus, der Schriftsteller Donatien-Alphonse-François de Sade, wird in Paris geboren.
(dtv Lexikon München 1997)
1748
In John Clelands "Memoirs of a Woman of Pleasure" ("Die Abenteuer der Fanny Hill") begegnet die Protagonistin einem "unglücklichen Menschen". "Er befindet sich "unter der Tyrannei eines willkürlichen Geschmackes" - "nicht allein sich selbst unbarmherzig peitschen zu lassen, sondern das auch andern zu tun."
(Cleland, John: "Die Abenteuer der Fanny Hill", Aufbau Taschenbuch Verlag 1999, S. 233ff.)
9. März 1749
Der französische Politiker und Redner Honoré-Gabriel Riqueti Comte de Mirabeau wird in Bignon geboren.
Mirabeau verfasst eine Reihe erotischer Romane, darunter "Hic & Hec oder Die Stufenleiter der Wollust" (Hic et Hec ou l'Élève des RR. PP. Jésuites d'Avignon), in dem die Freuden der Flagellation gepriesen werden.
(Encyclopaedia Britannica)
1767
Jacques Baron Révérony de Saint-Cyr wird geboren.
Saint-Cyr war von de Sade beeinflusst und verfasste Theaterstücke, wissenschaftliche Werke und Romane. Iwan Bloch bezeichnet ihn als den ersten sadistischen Autor.
(Due17, S. 472f.)
1767
Nach dem Tod seines Vaters wird de Sade vom Marquis zum Comte de Sade. Der Titel Marquis fällt an seinen ältesten Sohn Louis-Marie.
De Sade bezeichnet sich bis 1790 selbst noch häufig als Marquis. Auch im größten Teil der späteren Literatur wird er mit dem alten Titel bezeichnet.
(Pau91, Band I, S. 665)
27. Juni 1772
De Sade und sein Diener Latour bestellen drei Mädchen in eine Wohnung in Marseille, wo diese mit Birkenreisig gepeitscht werden und die Männer ebenfalls auspeitschen. Es kommt zu diversen sexuellen Handlungen. Die Frauen essen von De Sade angebotene Anisbonbons. Alle klagen am nächsten Tag über Unwohlsein, die 18jährige Marianne Laverne erbricht Blut.
Vermutlich enthielten die Bonbons eine unbekannte Substanz, mit der Blähungen verursacht werden sollten ("karminative" Wirkung).
(Pau91, Band I, S. 261)
25. Juli 1772
In Louis Petit de Bauchaumonts "Les Mémoires secrets pour servir à l'histoire de la république des lettres" wird verbreitet, De Sade habe den erkrankten Prostituierten das giftige Aphrodisiakum Kantharidin ("Spanische Fliege") verabreicht.
Obwohl diese Behauptung nicht belegt werden kann, wird das Gerücht über die Spanische Fliege bis ins späte 20. Jahrhundert als Fakt wiedergegeben.
(Pau91, Band I, S. 263)
3. September 1772
De Sade und Latour werden nach einem hastigen Verfahren in Abwesenheit wegen versuchter Vergiftung der Prostituierten zum Tode verurteilt und am 12. September 1772 in Aix-en-Provence "in effigie" als Strohpuppen hingerichtet. Die beiden Männer befinden sich zu diesem Zeitpunkt auf der Flucht.
Das Verfahren wird am 30. Juni 1778 für nichtig erklärt, da es keinen Beweis für die Vorwürfe gibt.
(Pau91, Band I, S. 263, S. 459)
1777
Der Engländer J.L. Delolme veröffentlicht Boileaus "Historia Flagellantium" überarbeitet und kommentiert in englischer Sprache: "The History of the Flagellants, or the Advantages of Discipline; Being a Paraphrase and Commentary on the 'Historia Flagellantium' of the Abbé Boileau, Doctor of the Sorbonne etc." Eine Neuausgabe erscheint 1784 in London unter dem Titel "Memorials of Human Superstition etc."
(Lol77)
(Due12, Band I, S. 343)
2. Juli 1778
Rousseau stirbt in Ermonville bei Paris.
(dtv Lexikon München 1997)
circa 1780
Zeichnung "Xanthippe und Sokrates" von J. Smith. Eine Frau sitzt seitwärts auf einem bärtigen Mann. Sie hält in der linken Hand eine Peitsche, mit der rechten Hand dirigiert sie ihn.
(Quelle fehlt)
1781
Rousseaus autobiographisches Werk "Confessions" (vollendet 1765) wird veröffentlicht. Darin beschreibt er die Erregung, die er seit der Züchtigung als Kind durch seine etwa 30jährige Erzieherin Frau Lambercier beim Gedanken an dominante Frauen empfindet.
(Rousseau, Jean-Jacques "Bekenntnisse", Insel Verlag 1985, S. 49ff.)
1785
De Sade verfasst während seiner Gefangenschaft in der Bastille die "Les 120 Journées de Sodome ou l'Ecole du Libertinage", die 120 Tage von Sodom.
Als der Marquis die Bastille 1789 verlässt, bleibt das Manuskript mit anderen dort zurück und gelangt später in den Besitz der Familie Villeneuve-Trans, die es drei Generationen hindurch verwahrt. Es gilt bis ins zwanzigste Jahrhundert als verschollen.
(Marquis de Sade "Die Hundertzwanzig Tage von Sodom", Orbis Verlag, München 1999, Vorwort des Übersetzers)
1786
Der Karikaturist James Gillray veröffentlicht eine Flagellationsszene: "Lady Termagant Flaybum going to give her stepson a taste of her dessert after dinner".
(Due12, Band II, S. 257)
1788
Der französische Arzt François Amédée Doppet erweitert in seiner Schrift "Das Geißeln und seine Einwirkung auf den Geschlechtstrieb" (Traité du fouet, et de ses effects sur le physique de l'amour, ou Aphrodisiaque externe) die Theorien von Meibom und Paullini um den Hinweis, dass auch bei Frauen die durch Schläge erzeugte Wärme "in die Mutterscheide" steigt. Darüber hinaus berichtet er vom Einsatz der Geißelungen in der Prostitution: schon beim Eintritt in "Orte, wo die Wollust feil ist", könne man Geißelwerkzeuge der verschiedensten Art bemerken. "Fragt ihr sie, wie ein simpler Mann aus der Provinz, wozu diese Waffen gebraucht werden? so wird sie euch in kindischer Weise antworten: sie dienen dazu, um Vergnügen zu bereiten." Er rät dazu, Kinder nicht auf "die Sitztheile" zu schlagen, um nicht ihren Geschlechtstrieb zu wecken, und in Gegenwart von Nonnen nicht vom Geißeln und der Disziplin zu reden, "denn das weibliche Geschlecht ist noch leichter aufregbar, den Pollutionen noch mehr unterworfen."
(Dop88)
(Dop47, in: Far91)
(Due12, Band I, S. 344)
Im 18. Jhdt., noch vor dem Erscheinen der "Venus School Mistress"
Ein am Busen befestigter Blumenstrauß soll als Erkennungszeichen in der flagellantistischen Prostitution gedient haben.
(Due12, Band I, S. 402)
1788
In England erscheint "Venus School Mistress or Birchen Sports", eine flagellantische Schrift, die sich großer Beliebtheit erfreut.
(Due12, Band I, S. 340)
2. April 1791
Honoré-Gabriel Riqueti Comte de Mirabeau stirbt in Paris.
(Encyclopaedia Britannica)
2. September 1791
Der Komponist und Musiker Frantisek Koczwara aus Prag (die Schreibweise variiert, man findet auch Kotzwarra u.ä.) bittet, wie er es nach Zeugenaussagen vorher schon oft getan hat, eine Londoner Prostituierte darum, ihn aufzuknüpfen und nach fünf Minuten wieder herunter zu lassen und stirbt dabei. Die Prostituierte, Susanna Hill, wird als Mörderin verhaftet, aber freigesprochen. Die Protokolle des Prozesses und alle dazugehörigen Papiere werden wegen ihrer Gefährlichkeit für die öffentliche Moral verbrannt.
Koczwara ist das erste bezeugte Asphyxiophilie-Opfer.
(Due12, Band II, S. 92ff.)
1791
Die erste Version von De Sades "Justine ou les Malheurs de la vertu" erscheint in Frankreich.
Im gleichen Jahr erscheint eine zweite, erweiterte Fassung, 1792 eine dritte, 1794 eine vierte. Die endgültige Fassung erscheint 1797 in einer zehnbändigen Ausgabe zusammen mit "Juliette".
(Sad91)
(Due17, S. 348f.)
Dezember 1792
Das englische Magazin "Bon Ton" berichtet über einen "flagellantistischen Weiberklub" in London: "Die weiblichen Mitglieder waren hauptsächlich verheiratete Frauen, die, da sie den normalen Formen der Ehe überdrüssig geworden waren, und auch der kalten Gleichgültigkeit, die in der ehelichen Beziehung die Oberhand gewinnt, beschlossen, andere Mittel anzuwenden, um die am Anfang ihrer Ehe empfundene Ekstase wieder wachzurufen.
Die werte Gesellschaft oder der 'Club', von dem wir sprechen, hat nie weniger als zwölf Mitglieder, von denen in jedem Falle sechs von den andern sechs gezüchtigt werden. Sie ziehen Lose, welche Gruppe zuerst drankommt, wonach ein Vortrag oder eine ex-tempore-Rede gehalten wird, die die Wirkungen der Flagellation beschreibt, wie sie von frühester Zeit bis in die Gegenwart in Klöstern, Nonnenklöstern, Bordellen und Privathäusern ausgeübt worden ist. Dann nehmen die sechs passiven Frauen ihre Lage ein, und ihre aktiven Partnerinnen machen diejenigen Körperteile frei, die nicht nur weniger leicht sichtbar und zur Züchtigung weniger leicht zu erreichen sind, sondern auch - und um so mehr - weil diese empfindlicher sind, und jetzt fängt die praktische Arbeit an. Die Vorsitzende des Clubs reicht jeder Frau der aktiven Gruppe eine große Rute und beginnt mit von ihr gewählten Variationen zu flagellieren, während die andern zusehen."
Es ist unklar, ob der Club selbst jemals existiert hat; spätere Literatur beruft sich aber oft auf diesen Bericht.
(Due12, Band I, S. 422)
(Hir55, S. 403f.)
1792
Mercier de Compiègne übersetzt Thomas Bartholinus' Ausgabe von Meiboms "Tractatus" ins Französische und versieht sie mit neuen Anmerkungen und Zusätzen.
(Mei92)
(Due12, Band I, S. 342)
1796
Die erste Version von De Sades "Juliette, ou les Prospérites du vice" erscheint in Frankreich.
Die endgültige Fassung erscheint 1797 in einer zehnbändigen Ausgabe zusammen mit "Justine".
Sad96)
(Due17, S. 348f.)
1797
Der Philologe Charles de Villers veröffentlicht im "Spectateur du Nord" den Essay "Lettre sur le Roman intitulé Justine ou les Malheurs de la Vertu", der eine kurze Inhaltsangabe enthält, "damit den Lesern des 'Spectateur' die Lektüre des schrecklichen Buches erspart werde". Über die Verbreitung des Werks schreibt er: "Jedermann will wissen, was dies für ein Buch ist; man verlangt es, man sucht es, es wird verbreitet, die Ausgaben werden vergriffen, neu aufgelegt, und so zirkuliert das greulichste Gift in verhängnisvollstem Überfluss."
(Vil97, Neudruck Paris 1877, S. 12, zitiert in: Due17, S. 459)
vor 1800 - Veröffentlichungen ohne eigenen Eintrag
Siehe 1600-1699 und 1700-1799.
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