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Hier muß nun also die innere Tatseite geprüft werden. Auch dieses Tatbestands-merkmal muß zusätzlich vorliegen, um unter den Straftatbestand des § 83 Abs 1 oder Abs 2 StGB zu fallen.
Abs 1: Allgemein zu sagen ist, daß gem § 7 Abs 1 StGB Vorsatz, also allein schon das ernstlich für möglich halten der Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbildes für eine Verletzung oder eine Gesundheitsschädigung gefordert ist. Der Täter muß das sozial inadäquate Verhalten in seinen Vorsatz aufnehmen, der für den tatbestandmäßigen Erfolg verlangt wird. Fahrlässigkeit gem § 6 StGB, dh das außer Acht lassen der Sorgfalt, zu der man den Umständen nach verpflichtet ist und die nach den geistigen und körperlichen Verhältnissen zumutbar ist, reicht hier nicht aus. Bei Vorliegen eines Mißhandlungsvorsatzes greift § 83 Abs 2 StGB, sonst § 88 StGB.
Es stellt sich also die Frage, ob bei einem "Spiel" die Überlegung eine Rolle spielt, daß "etwas passieren" könnte. Es weiß zwar jeder durchschnittlich gebildete und verantwortungsbewußte Mensch, was bei Schlägen, Schnitten etc geschehen kann, der S will aber keine wirklichen Gefahren für seinen M herbeiführen, ja hält es meistens nicht einmal für ernstlich möglich, daß die "wohldosierten" Schläge Verletzungen ungewollt verursachen könnten. Zielgedanke ist ja einzig und allein die Befriedung durch das "Spiel" bzw "Ritual".
Abs 2: Als Auffangtatbestand zu Abs 1 wird Abs 2 angesehen. Es handelt sich um eine Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination. In den Vorsatz nimmt der Täter nur die Mißhandlung seines Opfers auf, nicht aber die Verletzung oder Schädigung an der Gesundheit, er will dem Opfer ernsthaft "nur" weh tun, also Schmerzen zufügen oder schwere Übelkeit bereiten. Laut Definition des OGH bedeutet dies: "Schmerzen, die auf eine pathologische Veränderung zurückzuführen sind, bedeuten eine Schädigung an der Gesundheit, wenn ein vom Betroffenen als Leiden empfundener Schmerzzustand von einiger Dauer vorliegt und dieser Zustand zeitlich über die unmittelbare Einwirkung auf den Körper hinausreicht.2.28" Wie bereits weiter oben ausgeführt, möchte dies der S nicht. Schmerzen werden hier ja nicht als Leiden empfunden, sondern erfüllen die Wünsche des M.
Zusätzlich zum Mißhandlungsvorsatz verlangt Abs 2 aber, daß durch die vorsätzliche Mißhandlung eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung verwirklicht wird, deren Erfolg dem Täter durch bewußte oder unbewußte Fahrlässigkeit gem § 6 StGB anzulasten sein muß. Diese setzt einen Mangel an objektiver Sorgfaltsausübung, einer subjektiven Befähigung zur Ausübung der gebotenen Sorgfalt und deren Zumutbarkeit voraus.
Der Vorsatz des S liegt also in Richtung Zufriedenheit und Wohlbefinden, wenn auch durch das Einsetzen höchst ungewöhnlicher Mittel nicht in der Mißhandlung. Für die Verursachung einer Verletzung, welche durch die Mißhandlung herbeigeführt wird, genügt - wie bereits ausgeführt - aber schon Fahrlässigkeit. Hierzu ist zu sagen, daß jedes "Spiel" im Grunde wie ein Theaterstück geplant und auch besprochen wird. Es werden alle notwendigen Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Unfällen getroffen und es wird nichts getan, was der Bottom nicht wünscht.
Trotzdem sind viele durch SM herbeigeführte Verletzungen zusätzlich zu den objektiven Merkmalen auch unter die subjektiven Tatbestandsmerkmale zu subsumieren und erfüllen somit prinzipiell die Strafbarkeit des § 83 (1) oder (2) StGB.
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2000-10-19