mus mit seiner glühenden Sehnsucht nach Unterwerfung von frühester Jugend an, wie die von dieser Perversion Ergriffenen ihn schildern, ist aber angeboren.

Die Erklärung für die Entstehung der - immerhin seltenen - Perversion des ausgebildeten Masochismus dürfte sich am richtigsten in der Annahme finden lassen, dass dieselbe aus der viel häufiger auftretenden Abnormität der "geschlechtlichen Hörigkeit" hervorgeht, indem hie und da diese Abnormität durch Vererbung auf ein psychopathisches Individuum in der Weise übergeht, dass sie dabei zur Perversion wird. Dass eine leichte Verschiebung der hier in Betracht kommenden psychischen Elemente diesen Uebergang bewerkstelligen kann, wurde oben erörtert. Was aber für mögliche Fälle des erworbenen Masochismus die assoziierende Gewohnheit tun kann, das tut für die sicher konstatierten Fälle des originären Masochismus das variierende Spiel der Vererbung. Es tritt dabei kein neues Element zur Hörigkeit hinzu, sondern es entfällt eines, das Raisonnement, das Liebe und Abhängigkeit verbindet und damit eben Hörigkeit von Masochismus, Abnormität von Perversion unterscheidet. Es ist ganz natürlich, dass sich nur das Triebartige vererbt.

Dieser Uebergang der Abnormität in Perversion bei der erblichen Uebertragung wird insbesondere dann leicht eintreten können, wenn sie psychopathische Veranlagung des Nachkommen den anderen Faktor des Masochismus


sein" usw., lauter Dinge die für den Masochisten in buchstäblicher Ausführung den Gegenstand seiner perversen Begierde bilden.

Solche Bilder werden bekanntlich im täglichen Leben oft gebraucht und sind geradezu trivial geworden. Sie stammen aus der dichterischen Sprache. Die Dichtung hat zu allen Zeiten, innerhalb des Gesamtbildes heftiger Liebesleidenschaft das Moment der Abhängigkeit vom Gegenstande, der sich versagen kann oder muss, erkannt, und die Tatsachen der "Hörigkeit" boten sich ihr stets zur Beobachtung dar. Indem der Dichter Ausdrücke, wie die oben angeführten wählt, um die Abhängigkeit des Verliebten mittels sinnenfälliger Bilder anschaulich zu machen, geht er genau denselben Weg wie der Masochist, der, um sich selbst seine Abhängigkeit (die ihm aber Selbstzweck ist) sinnenfällig vorzustellen, solche Situationen verwirklicht.

Schon die Dichtung des Altertums gebraucht für die Geliebte den Ausdruck "domina" und verwendet gerne das Bild des in Fesselnschlagens (z. B. Horaz Od. IV. 11). Von da bis in unsere Zeiten (vgl. Grillparzer Ottokar IV. Akt: "Herrschen ist gar süss, so süss fast als gehorchen") ist die galante Dichtung aller Jahrhunderte von dergleichen Phrasen und Bildern erfüllt. Interessant ist auch die Geschichte des Wortes "Maitresse".

Die Dichtung wirkt aber auf das Leben zurück. Auf diesem Wege mag der höfische Frauendienst des Mittelalters entstanden sein, der mit seiner Verehrung der Frauen als "Herrinnen" in der Gesellschaft und im einzelnen Liebesverhältnisse seiner Uebertragung des Lehns- und Vasallenverhältnisses auf die Beziehung zwischen dem Ritter und seiner Dame, seiner Unterwerfung unter alle weiblichen Launen, seinen Liebesproben und Gelübden, seiner Verpflichtung zum Gehorsam gegen alle Gebote der Damen, als eine systematische Ausgestaltung verliebter "Hörigkeit" erscheint. Einzelne extreme Erscheinungen, wie z. B. die Leiden des Ulrich von Lichtenstein oder des Pierre Vidal im Dienste ihrer Damen, oder das Treiben der Bruderschaft der "Galois" in Fankreich, welche ein Martyrium der Liebe suchten und sich allerlei Qualen unterzogen, tragen aber schon deutlich masochistischen Charakter und zeigen auch hier den naturgemäs-sen Uebergang einer Erscheinung in die andere.

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