liefert, das, was oben seine erste Wurzel genannt wurde, die Neigung geschlechtlich hyperästhetischer Naturen, alle Einwirkungen, die vom geliebten Gegenstaude ausgehen, der geschlechtlichen Einwirkung zu assimilieren.
Aus diesen beiden Elementen - aus der "geschlechtlichen Hörigkeit" einerseits, aus jener oben erörterten Disposition zur geschlechtlichen Ekstase, welche nebst Misshandlungen, mit Lustbetonung apperzipiert, andererseits -aus diesen beiden Elementen, deren Wurzeln sich bis in das Gebiet physiologischer Tatsachen zurückverfolgen lassen, entsteht auf einem geeigneten psychopathischen Boden der Masochismus, indem die sexuelle Hyperästhesie allerlei zuerst physiologisches, dann nur abnormes Beiwerk der Vita sexualis zur krankhaften Höhe der Perversion steigert 1).
Jedenfalls stellt auch der Masochismus als angeborene sexuelle Perversion ein funktionelles Degenerationszeichen im Rahmen der (fast ausschliesslich erblichen) Belastung dar, und auch für meine Fälle von Masochismus und Sadismus bestätigt sich diese klinische Erfahrung.
Dass die eigenartige, psychisch anomale Richtung der Vita sexualis, als welche der Masochismus erscheint, eine originäre Abnormität darstellt und nicht sozusagen gezüchtet bei einem Disponierten aus passiver Flagellation sich entwickelt, auf dem Wege der Ideenassoziation, wie Rousseau und Binet annehmen, ist wohl leicht zu erweisen.
Es ergibt sich das aus den zahlreichen, ja die Majorität bildenden Fällen, in welchen die Flagellation beim Masochisten niemals aufgetaucht ist, in welchen der perverse Trieb sich ausschliesslich auf rein symbolische, die Unterwerfung ausdrückende Handlungen ohne eigentliche Schmerzzufügung richtet.
Dies lehrt die ganze hier mitgeteilte Kasuistik von Beobachtung 50 an.
Es ergibt sich aber das gleiche Resultat, nämlich dass die passive Flagellation nicht der Kern sein kann, an den sich alles übrige angesetzt hat, auch aus der näheren Beobachtung solcher Fälle, in denen diese eine Rolle spielt, wie oben Beobachtung 50 und 52.
Besonders lehrreich in dieser Beziehung ist die obige Beobachtung 58, denn hier kann nicht an eine sexuell stimulierende Wirkung einer in der Jugend erlittenen Strafe gedacht werden. Ueberhaupt ist in diesem Falle die Anknüpfung an eine frühere Erfahrung nicht möglich, da die hier den Gegenstand des sexuellen Hauptinteresses bildende Situation mit einem Kinde gar nicht ausführbar ist.
Endlich ergibt sich überzeugend die Entstehung des Masochismus aus rein psychischen Elementen aus der Konfrontierung desselben mit dem Sadismus (s. unten).
Dass passive Flagellation so häufig beim Masochismus vorkommt, erklärt sich einfach daraus, dass sie das stärkste Ausdrucksmittel für das Verhältnis der Unterwerfung ist.
1) Erwägt man, dass, wie oben dargetan, "geschlechtliche Hörigkeit" eine Erscheinung ist, die beim weiblichen Geschlechte viel häufiger und in stärkeren Graden zu beobachten ist als beim männlichen, so drängt sich der Gedanke auf, dass der Masochismus (wenn auch nicht immer, so doch in der Regel) ein Erbstück der "Hörigkeit" weiblicher Vorfahren sei. Er tritt so in eine - wenn auch sehr entfernte - Beziehung zur konträren Sexualempfindung, als Uebergang einer eigentlich dem Weibe zukommenden Perversion auf den Mann.
Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass "Hörigkeit" auch innerhalb der männlichen Vita sexualis eine nicht geringe Rolle spielt und Masochismus mithin auch ohne einen solchen Uebergang weiblicher Elemente auf den Mann erklärt werden kann. Auch hier ist zu bedenken, dass sowohl Masochismus als Sadismus, sein Gegenstück, bei konträrer Sexualempfindung in regelloser Kombination vorkommen.