impotent gewordene Persönlichkeit 1), die, bei fortdauernder starker Libido sexualis und durch Belastung, zu Perversion des Geschlechtslebens hinneigte.
Beobachtung 28. In den 60er Jahren wurde die Bevölkerung von Leipzig durch einen Mann erschreckt, welcher junge Mädchen auf der Strasse mit einem Dolch anzufallen pflegte und sie am Oberarm verletzte. Endlich verhaftet, erkannte man in ihm einen Sadisten, welcher im Moment des Dolchstichs eine Ejakulation hatte und bei dem also die Verwundung der Mädchen Aequivalent für Koitus war. (Wharton , A treatise on mental unsoundness. Philadelphia 1873, § 623.2.)
In den drei nächsten Fällen besteht gleichfalls Impotenz. Dieselbe ist aber vielleicht psychisch bedingt, indem ab origine der Hauptton der Vita sexualis auf der sadistischen Neigung liegt und deren normale Elemente verkümmert sind.
Beobachtung 29 (mitgeteilt von Demme, Buch der Verbrechen VII,
p. 281). Der Mädchenschneider von Augsburg, Bartle, Weinhändler, hatte schon mit 14
Jahren sexuelle Regungen, jedoch entschiedenen Widerwillen gegen Befriedigung derselben
durch Koitus, bis zu Ekel gegen das weibliche Geschlecht. Schon damals kam ihm die Idee,
Mädchen zu schneiden und sich dadurch geschlechtlich zu befriedigen. Er verzichtete aber
darauf, aus Mangel an Gelegenheit und Mut.
Masturbation verschmähte er; ab und zu hatte er Pollutionen, mit erotischen Träumen von
geschnittenen Mädchen.
19 Jahre alt, schnitt er zum erstenmal ein Mädchen. Haec faciens sperma eiaculavit, summa
libidine affectus. [Bei der Tat wurde er von höchster Wollust
ergriffen und es kam zur Ejakulation.] Seither wurde der Impuls immer machtvoller.
Er wählte nur junge und hübsche Mädchen und fragte sie meist vorher, ob sie noch ledig
seien .Jeweils trat die Ejakulation und sexuelle Befriedigung ein, aber nur dann, wenn er
merkte, dass er die Mädchen wirklich verwundet hatte. Nach dem Attentat fühlte er sich
immer matt und übel, auch von Gewissensbissen gefoltert. Bis zum 32. Jahre verwundete er
durch Schneiden, hatte aber immer Sorge, die Mädchen nicht gefährlich zu verletzen. Von
da ab bis zum 36. Jahr vermochte er seinen Trieb zu beherrschen. Nun versuchte er sich zu
befriedigen, indem er Mädchen bloss an Arm oder Hals drückte, aber es kam dabei nur zur
Erektion, nicht zur Ejakulation. Nun versuchte er es, die Mädchen mit dem in seiner
Scheide gelassenen Messer zu stechen, aber auch das genügte nicht. Endlich stach er mit
dem offenen Messer und hatte vollen Erfolg, da er sich vorstellte, ein gestochenes
Mädchen blute stärker und habe mehr Schmerz, als ein geschnittenes. Im 37. Jahr wurde er
erwischt und verhaftet. In seiner Behausung fand man eine Menge von Dolchen, Stockdegen,
Messern. Er gab an, dass der blosse Anblick dieser Waffen, noch mehr das Anfassen
derselben ihm Wollustgefühl mit heftiger Erektion verschafft habe.
Im ganzen hatte er 50 Mädchen eingestandenermassen verletzt.
1) Vgl. Krauss, Psychologie des Verbrechens, 1884, p. 188. Dr. Hofer. Annalen der Staatsarzneikunde, 6. Jahrgang, Heft 2; Schmidts Jahrbücher Bd. 59, p 94.
2) Nach Zeitungsnachrichten wurde im Dezember 1890 eine Reihe ähnlicher Attentate in Mainz verübt. Ein junger Bursche von 15 bis 16 Jahren drängte sich an Frauen und Mädchen heran, und stach sie mit einem spitzen Instrument in die Beine. Er wurde verhaftet und machte den Eindruck, geistig gestört zu sein, Näheres über den höchst wahrscheinlich sadistischen Fall ist nicht bekannt.