Püffen. Es ist wahrscheinlich, dass die zu grosse Zurückhaltung des Weibes gegenüber den Liebeswerbungen des Mannes, namentlich in der ersten Zeit des ehelichen Zusammenlebens, bei vorhandener Hypersexualität des Gatten bei diesem solche sadistische Neigungen weckt, auf Grund welcher dann solche Szenen provoziert werden. Da aber offenbar das Sichversagen des Weibes und seine quasi Eroberung durch den Mann auch für jenes angenehme Empfindungen weckt, wird die Wiederkehr solcher Liebeskomödie befördert. Eine Weiterentwicklung solcher sadistischer Züge ist das Begehren des Koitus seitens des Mannes loco indebito, indem er sich an der Verlegenheit, dem Schamgefühl der Uxor weidet, sie seine Ueberlegenheit empfinden lässt und ihre Gegenwehr herausfordert.
Beobachtung 14. Einer meiner Klienten, erblich belastet, Sonderling, Gemahl einer Dame von seltener Schönheit und lebhaftem Temperament, fühlte sich von der Reinheit und Feinheit der Haut seiner Frau und ihrer eleganten Toilette geradezu abgestossen und impotent, während das Gegenteil eintrat, falls er mit einer ordinären, geradezu schmutzigen Person verkehren konnte (Fetischismus). Dagegen geschah es, dass er auf einsamem Spaziergang mit seiner Frau sie zum Koitus nötigte, auf ihr Weigern gewaltsam niederwarf und seinen Gelüsten auf einer Waldwiese, in einem Gebüsch z. B. Befriedigung verschaffte. Je mehr die Dame sich weigerte, um so erregter wurde er. Seine Potenz liess dann nichts zu wünschen übrig. Analog war es an Orten, wo Gefahr bestand, überrascht zu werden, z. B. auf der Fahrt im Eisenbahncoupé, im Abort eines Restaurants, während im Ehebett niemals eine Begierde sich zeigte.
Da beim heutigen Kulturmenschen, soweit er unbelastet ist, Assoziationen zwischen Wollust und Grausamkeit nur in schwachen Anklängen und höchst rudimentär vorzufinden sind, muss ihr Zutagetreten überhaupt, ihre abnorm leichte gegenseitige Hervorrufbarkeit, ihre Kundgebung in oft ganz ungeheuerlichen Akten in abnormen (degenerativen) Veranlagungen, in förmlichen Dispositionen zur Verknüpfung verwandter Gefühls- und Triebgebiete (sexuelle und motorische Sphäre) gesucht und gefunden werden.
Hier handelt es sich offenbar um eine blosse Weckung von seelischen Dispositionen aus ihrer Latenz durch für das normal veranlagte Individuum bedeutungs- weil affektlos äussere Anlässe, nicht aber um zufällig geknüpfte Gefühls- und Triebrichtungen im Sinne moderner Assoziationslehren. Geht doch vielfach das sadistische Empfinden auf die Kinderjahre zurück und entsteht es zu einer Lebenszeit, da an eine Herausforderung durch äussere Eindrücke und gar an eine sexuelle Betonung solcher, falls sie überhaupt stattfanden, noch nicht zu denken war.
Der Sadismus muss somit, gleich dem Masochismus und der konträren Sexualempfindung, als eine originäre Anomalie der Vita