Anfall kommt aber sicher, ob früher oder später. Ich muss jedoch bemerken,
dass ich auch koitiere, ohne durch solche Vorstellungen präpariert zu sein, insbesondere
auch mit weiblichen Wesen, die mich und meine bürgerliche Stellung genau kennen, und in
deren Gegenwart ich jene Vorstellungen durchaus perhorresziere. In letzteren Fällen
bin ich jedoch nicht immer potent, während die Potenz unter dem Banne masochistischer
Vorstellungen eine unbedingte ist. Dass ich in meinem übrigen Denken und Fühlen sehr
ästhetisch veranlagt bin und die Misshandlung eines Menschen an sich usw. im höchsten
Grade verachte, erscheint mir nicht überflüssig zu bemerken. Schliesslich will ich nicht
unerwähnt lassen, dass auch die Form der Anrede von Bedeutung ist. Es ist ein Essentiale
in meinen Vorstellungen, dass die "Herrin" mich mit "Du" anredet,
während ich dieselbe mit "Sie" anreden muss. Dieser Umstand des Geduztwerdens
von einer dazu geeigneten Person, als Ausdruck der absoluten Herrschaft hat mir von
früher Jugend an schon Wollustgefühle erregt und tut dies auch heute noch.
Ich habe das Glück gehabt, eine Frau zu finden, welche mir in allen Punkten, vor allem
auch in geschlechtlicher Beziehung, durchaus zusagte, obwohl dieselbe, wie ich nicht erst
hinzuzufügen brauche, in keiner Weise masochistischen Idealen ähnelt.
Dieselbe ist sanftmütig, jedoch üppig, ohne welche Eigenschaft ich mir überhaupt einen
geschlechtlichen Reiz nicht vorstellen kann.
Die ersten Monate der Ehe verliefen geschlechtlich ganz normal, die masochistischen
Anfälle blieben gänzlich aus, ich hatte beinahe das Verständnis für den Masochismus
verloren. Da kam das erste Kindbett und hiermit die notwendig gewordene Abstinenz.
Pünktlich stellten sich sodann mit eintretender Libido die masochistischen Anwandlungen
wieder ein, welche mit unabweisbarer Notwendigkeit einen ausserehelichen Koitus mit
masochistischen Vorstellungen herbeiführten - trotz meiner aufrichtigen grossen Liebe zu
meiner Frau.
Bemerkenswert ist hierbei, dass der später wieder beginnende Koitus maritalis sich nicht
als ausreichend erwies, um die masochistischen Vorstellungen zu bannen, wie das bei einem
masochistischen Koitus regelmässig der Fall ist.
Was das Wesen des Masochismus anbelangt, so bin ich der Ansicht, dass bei demselben die
Vorstellungen, also die geistige Seite, Haupt- und Selbstzweck sind.
Wäre die Verwirklichung masochistischer Ideen (also die passive Flagellation u. dgl.) das
ersehnte Ziel, so steht hiermit die Tatsache im Widerspruche, dass ein grosser Teil der
Masochisten zur Verwirklichung entweder gar nicht schreitet, oder, wenn er dies
dennoch versucht, eine grosse Ernüchterung empfindet, jedenfalls die ersehnte
Befriedigung nicht erzielt.
Schliesslich möchte ich nicht unterlassen, aus meiner Erfahrung zu bestätigen, dass die
Zahl der Masochisten, besonders in grossen Städten, in der Tat eine ziemlich grosse zu
sein scheint. Die einzige Quelle für derartige Forschungen sind - da Mitteilungen inter
viros [unter Männern] nicht stattzufinden pflegen -die
Aussagen der Prostituierten, und da diese in den wesentlichen Punkten übereinstimmen,
wird man immerhin gewisse Tatsachen für erwiesen annehmen können.
Dahin gehört zunächst die Tatsache, dass jede erfahrene Prostituierte irgend ein zur
Flagellation geeignetes Instrument (gewöhnlich eine Rute) im Besitze zu haben pflegt,
wobei allerdings in Betracht zu ziehen ist, dass es Männer gibt, die sich lediglich zur
Erhöhung ihrer Geschlechtslust geisseln lassen, also - im Gegensatze zu den Masochisten -
die Flagellation als Mittel betrachten.