Wissenschaftlich beobachtet sind bis jetzt nur zwei Fälle.
Beobachtung 48
. Ein verheirateter Mann stellte sich mit zahlreichen Schnittnarben an den Armen vor. Er gibt über den Ursprung derselben folgendes an: Wenn er sich seiner jungen, etwas "nervösen" Frau nähern wolle, müsse er sich erst einen Schnitt am Arme beibringen. Sie sauge dann an der Wunde, worauf sich bei ihr eine hochgradige sexuelle Erregung einstelle.In einem zweiten Falle von Sadismus des Weibes, den ich Herrn Dr. Moll in Berlin verdanke, liegt der perversen Richtung des Triebes, wie so oft, Anästhesie gegenüber den normalen Vorgängen des Geschlechtslebens vor, auch treten hier gleichzeitig Spuren von Masochismus (s. unten) auf.
Beobachtung 49
. Frau H. in H., 26 Jahre alt, stammt aus einer Familie, in der sich Nervenkrankheiten oder psychische Störungen angeblich nicht finden; hingegen bietet Patientin selbst Zeichen von Hysterie und Neurasthenie. Obwohl 8 Jahre verheiratet und Mutter eines Kindes, hatte Frau H. niemals das Verlangen, den Koitus auszuführen. Als junges Mädchen streng sittlich erzogen, blieb sie bis zur Verheiratung in fast naiver Unkenntnis der sexuellen Vorgänge. Sie ist seit dem 15. Lebensjahr regelmässig menstruiert. Eine wesentliche Abnormität an den Genitalien scheint nicht vorhanden zu sein. Der Koitus ist der Patientin nicht nur kein Vergnügen, sondern geradezu ein unangenehmer Akt; der Abscheu davor hat immer mehr zugenommen. Es ist der Patientin durchaus unklar, wie man einen solchen Akt als höchsten Genuss der Liebe bezeichnen kann, die ihr etwas bei weitem Höheres sei, das nicht mit solchem Triebe zusammenhänge. Dabei sei erwähnt, dass die Patientin ihren Mann ernstlich liebt. Sie hat noch am Küssen desselben einen entschiedenen Genuss, den sie aber nicht genauer beschreiben kann. Dass aber die Genitalien irgend etwas mit Liebe zu tun hätten, kann ihr nicht einleuchten. Frau H. ist übrigens eine entschieden verständige Frau mit weiblichem Wesen.In der Geschichte finden sich Beispiele von zum Teil illustren Frauen, deren Herrschsucht, Wollust und Grausamkeit die Annahme
1) Die Sage ist besonders auf der Balkanhalbinsel weit verbreitet. Bei den Neugriechen geht sie auf die antike Mythe von den Lamien und Mormolyken - blutsaugende Weiber - zurück. Diesen Stoff hat Goethe in seiner "Braut von Korinth" bearbeitet. Die auf Vampyrismus bezüglichen Verse: "saugen deines Herzens Blut" usw. sind erst durch Vergleich der antiken Quellen ganz verständlich.
2) Einen weiteren Fall von Sadismus feminae hat Moll in der 3. Aufl. seines Werkes "Die kontr. Sexualempfindung" p. 507, Fall 29 veröffentlicht. Es ist das förmliche Gegenstück des Masochismus beim Manne und erstellt das Ideal der Wünsche eines Masochisten dar.