Hier findet eine perverse Betonung sexueller Vorstellungskreise mit Gefühlen statt, insofern Vorstellungen, die physio-psychologisch sonst mit Unlustgefühlen betont sind, mit Lustgefühlen einhergehen, und zwar können diese abnorm stark damit sich assoziieren, bis zur Höhe von Affekten. Das praktische Resultat sind perverse Handlungen (Perversion des Geschlechtstriebes). Dies ist um so leichter der Fall, wenn bis zur Höhe von Affekt gesteigerte Lustgefühle die etwa noch möglichen gegensätzlichen Vorstellungen mit entsprechenden Unlustgefühlen hemmen, oder aber, indem solche durch Fehlen oder Verlust von moralischen, ästhetischen, rechtlichen Vorstellungen überhaupt nicht hervorgerufen werden können. Dieser Fall ist aber nur häufig da vorhanden, wo die Quelle ethischer Vorstellungen und Gefühle (eine normale Geschlechtsempfindung) von jeher eine trübe oder verpestete war.
Als pervers muss - bei gebetener Gelegenheit zu naturgemässer geschlechtlicher Befriedigung - jede Aeusserung des Geschlechtstriebes erklärt werden, die nicht den Zwecken der Natur, i. e. der Fortpflanzung entspricht. Die aus Parästhesie entspringenden perversen geschlechtlichen Akte sind klinisch, sozial und forensisch äusserst wichtig; deshalb muss auf sie hier näher eingegangen und jeder ästhetische und sittliche Ekel überwunden werden.
Perversion des Geschlechtstriebes ist, wie sich unten ergeben wird, nicht zu verwechseln mit Perversität geschlechtlichen Handelns, denn dieses kann auch durch nicht psychopathologische Bedingungen hervorgerufen sein. Die konkrete perverse Handlung, so monströs sie auch sein mag, ist klinisch nicht entscheidend. Um zwischen Krankheit (Perversion) und Laster (Perversität) unterscheiden zu können. muss auf die Gesamtpersönlichkeit des Handelnden und auf die Triebfeder seines perversen Handelns zurückgegangen werden. Darin liegt der Schlüssel der Diagnostik (s. u.).
Parästhesie kann mit Hyperästhesie kombiniert vorkommen. Diese Kombination erscheint klinisch als eine häufige. Bestimmt sind dann sexuelle Akte zu gewärtigen. Die perverse Richtung der Ge-
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