nachgehend, vielleicht um sie abortieren zu lassen, liess er sie sich nackt ausziehen, auf dem Bette niederknieen, „disziplinierte“ sie, küsste den Teil, den er gezüchtigt hatte. Er verabreichte ihr auch Abortivmittel, die nicht ohne Wirkung blieben, und brachte sie hinterher in ein von Toulon entferntes Kloster der heiligen Clara in Ollicules. Den Fortgang dieser Skandalgeschichte mag man in den zitierten Werken nachlesen; auch wie unter dem Einflusse der Jesuiten das Parlament in Aix den Girard freisprach und die Càdière zur ordentlichen und ausserordentlichen Folter und zum Tode durch den Strang verurteilte! - ein Gerichtserkenntnis, das sich würdig dem späteren gegen die Familie Calas anreiht, aber glücklicherweise nicht wie dieses zur Vollziehung gelangte. Girard selbst starb im Geruche der Heiligkeit 1733 in seiner Vaterstadt Dôle.

Als würdiger Genosse zu diesem Jesuitenpater Girard gesellt sich der Kapuzinermönch Achazius in Düren zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, der seine Pönitentinnen erst mit in Essig und Salz erweichten Ruten ganz nackt peitschte, dann seine Lust an ihnen befriedigte - und der dabei unter Verheirateten und Unverheirateten einen so grossen Anhang gewann, dass er eine Art von adamitischem (oder evaitischem) Flagellantinnenclub zusammenbrachte und längere Zeit leitete. Ein gegen ihn vom Gericht in Lüttich eingeleitetes Verfahren wurde auf Befehl Napoleons, um den Skandal zu ersticken, niedergeschlagen.

Derartige Flagellanten- und Flagellantinnenclubs scheinen übrigens, wenn wir den zeitgenössischen und späteren Berichten trauen dürfen, in exklusiven Gesellschaftskreisen vor und nach der Revolutionszeit in Paris, London und anderen Grossstädten floriert zu haben: und sie scheinen, mancherlei Andeutungen in der heutigen Literatur und Journalistik zufolge, auch jetzt noch zu florieren. Unter den Frauen fanden sich zu allen Zeiten hervorragende Liebhaberinnen, wie der passiven, so auch der aktiven Flagellation; und bemerkenswert erscheint dabei, dass, wie weibliche Grausamkeit sich bekanntlich überhaupt dem eigenen Geschlechte gegenüber mit Vorliebe betätigt, passionierte Flagellantinnen auch aus der Flagellation ihrer Geschlechtsgenossinnen sexuell stimulierende Wirkungen oft mit Vorliebe schöpften. Ein aus antiker Zeit stammendes Beispiel ist die Gattin des nachmaligen Kaisers Julian (des Abtrünnigen), Helena, die, wie die Fama berichtet, junge gallische Sklavinnen vor ihren Augen entkleiden und peitschen liess, während andere Frauen oder kleine Kinder sich damit beschäftigen mussten, sie durch Masturbation geschlechtlich zu befriedigen. Eine würdige Nachahmerin in modern gemilderter Form erwuchs ihr in der als hochstehende Gönnerin und Praktikantin der Flagellation literarisch verewigten Katharina

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