Da im Exemplar der Berliner Staatsbibliothek die Seiten 69-72 vermutlich wegen der Abbildungen fehlen, folgen wir hier dem Nachdruck in [Far03], so dass die Seitenumbrüche vermutlich nicht ganz dem Original entsprechen.
Fig. 6. Zwangskorsett zu dem gleichen Zwecke.
masochistischen Literatur unserer Tage wird man Beispiele aller dieser und ähnlicher Spielarten in unendlicher Zahl finden, und aus Darstellungen des Bordellwesens in der Cité lumière bei Jeannel, Delcourt, Coffignon, Leo Taxil, Fowler, Jaf et Saldo u.a. mag man sich über die in erstklassigen Bordellen zur Befriedigung flagellomanischer Besucher getroffenen, auch dem verwöhntesten Geschmack Rechnung tragenden Vorkehrungen eingehender belehren. Die vorstehenden Abbildungen (Figg. 3-6) einer einfacheren und einer komplizierteren, sozusagen mit allem Komfort der Neuzeit ausgestatteten Prügelbank und des - bei einer gewissen Spielart von Masochisten als Sinnbild und Werkzeug strenger englischer Erziehung beliebten - Zwangskorsetts mögen wissbegierigeren Lesern von dem auf diesem Gebiete Geleisteten wenigstens eine Andeutung geben.
Wie die passive, so wirkt auch die aktive Flagellation, wenn schon in ganz anderer Weise, auf psychischem Wege, sexuell stimulierend; und wie jene in nahen Beziehungen zur passiven Algolagnie, zum Masochismus, so steht diese in noch intimerer Verbindung mit der aktiven Algolagnie, dem Sadismus, dessen üppigster Nährboden, und zugleich dessen beliebtestes, am leichtesten erreichbares, bequemstes, der mannigfaltigsten Abstufung fähiges Hilfs- und Äusserungsmittel sich in ihr von alters her darstellt.
Besonders musste auf diesem Gebiete der fast keiner Zeit ersparte, in der christlichen Ära aber aus verschiedenen Gründen mehr zu- als abnehmende Missbrauch der Flagellation als - kirchliches und profanes - Zucht- und Strafmittel verhängnisvolle Wirkungen zeitigen; wie das die Geschichte des Flagellantismus fast auf allen ihren Blättern eindringlich bestätigt.
Dem Altertum blieb auch dieser Missbrauch der Flagellation im großen und ganzen fremd; oder wenigstens war zu seiner Entstehung nur verhältnismässig beschränkter Anlass gegeben. Die Geisselung eines Freien widerstrebte den nicht-orientalischen Nationen; der Sklave aber galt als Sache. Die schon an anderer Stelle erwähnten Kultus-Vorkommnisse blieben vereinzelt. Wir kennen natürlich nicht die Gefühle, die die Artemis-Priesterin beim Geisseln spartanischer Jünglinge,