rung betrachtete Gebräuche, denen im tieferen Sinne freilich der früher erörterte Zusammenhang von religiöser und erotischer Mystik zugrunde lag, wobei aber die Entfesselung sexueller Instinkte und Antriebe doch nicht den mit der Prozedur unmittelbar verbundenen Zweck bildete. Auch bei der Austeilung von Schlägen durch die Luperci an die ihnen entgegenkommenden Frauen (bei den Luperkalien) handelte es sich offenbar nicht um eine beabsichtigte sexuelle Erregung, vielmehr um ein symbolisch gedachtes Zeichen der Reinigung und Befruchtung.

Von ärztlicher Seite ausführlich gewürdigt finden wir die Bedeutung der Flagellation als eines sexuellen Stimulans zuerst bei dem alten Meibom in der berühmten (1639 in Leiden erschienenen) „epistola de flagrorum usu in re venerea et lumborum renumque officio“, mit dem den Kern der Sache andeutenden Motto:

„Delicias pariunt Veneri crudelia flagra;
Dum nocet, illa juvat; dum juvat, ecce nocet.“

In weiterer Folge haben Bartholini (1679), Paulini (1698), Boileau (1700), Thiers (1703), Lanjuinais (1725), besonders aber der französische Arzt François Amédée Doppet in seinem (Genf 1788 zuerst erschienenen) „traité du fouet et de ses effets sur le physique de l’amour“ dem Gegenstande zum Teil von gleichen Gesichtspunkten aus ihre Aufmerksamkeit gewidmet, der natürlich auch in die eigentlich flagellantistische Literatur der Engländer und anderer Nationen aus den beiden letzten Jahrhunderten mannigfach hineinspielt.

Es würde jedoch ein Irrtum sein, anzunehmen, dass nicht schon lange vor Meibom die Flagellation als sexuelles Stimulans bekannt und angewandt worden sei; vielmehr scheint die Kenntnis und die Praxis dieses Mittels durch arabische Ärzte zuerst eingedrungen zu sein - wie es denn u.a. auch ein arabischer Arzt gewesen sein soll, auf dessen Rat sich die Herzogin Leonore Gonzaga von Mantua von der Hand ihrer Mutter mit Ruten peitschen liess, um in der ehelichen Umarmung wärmer zu werden und zu konzipieren. Ein Zeitgenosse dieser Herzogin war jener Alfons von Ferrara (der Gönner Tassos), der, wie es heisst, seiner Gemahlin nur nach voraufgegangener Flagellation beizuwohnen vermochte. Das aus dem 16. Jahrhundert stammende, den Namen der „Aloisia Sigea“ tragende Buch de arcanis amoris et Veneris usw. enthält bereits diese und ähnliche Beispiele; ebenso findet man sie bei Brantôme und bei englischen Autoren gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Doch noch weiter hinauf reicht eine

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