des „algolagnistischen“ (sadistischen) Lustmörders aufzustellen und streng zu unterscheiden, weil im konkreten Einzelfalle doch die bestimmenden Motive meist schwer ermittelbar sind und vielfach durcheinanderfliessen. (Vgl. die vom juristisch-forensischen Standpunkte interessanten Bemerkungen über den Lustmord von Walter, Monatsschrift für Kriminalpsychologie und Strafrechtsreform, 6. Jahrg. 1910, S. 691 und von M.R. Senf, ibid 8. Jahrg. 1911, S. 299.) - Natürlich gibt es unter den Lustmördern auch Homosexuelle, deren Opfer dann Angehörige ihres eigenen Geschlechts sind (Fall Corny und andere).

Tatsächlich schliessen sich als Glieder einer Kette die verschiedensten sadistischen Handlungen aneinander, von der einfachen Notzucht zur Flagellation, zur Besudelung, zur raffiniertesten Misshandlung und Marterung des Opfers, zur Verwundung, Verstümmelung und mehr oder minder grausamen Tötung. Der sadistische „Lustmörder“ begeht auch nach der Tötung oft noch Verstümmelung seines Opfers, besonders an den Genitalien. Warum der einzelne Sadist dieser oder jener Idee den Vorzug gibt, sich an dieser oder jener Vorstellung ganz besonders berauscht, dadurch im höchsten Grade oder ausschliesslich geschlechtlich irritiert wird - für diese, aus uns unbekannten ursprünglichen Gefühls- und Ideenassoziationen herstammenden Nuancen können wir den Grund so wenig angeben, wie in der Regel für den besonderen Inhalt der Wahnideen und Halluzinationen geisteskranker Individuen. Genug, sie sind da, sie heischen ihr Recht, und dürfen bei häufiger Wiederkehr und typischer Wiederholung auf Einreihung in eine besondere Spielart oder Varietät sadistischer Perversionen Anspruch erheben.

Gewissermassen einer Vorstufe oder Übergangstufe zum eigentlichen „Lustmörder“ entsprechen diejenigen Sexualverbrecher, die sich in typischer Weise damit begnügen, ihre Opfer - stets Frauen oder Mädchen, zuweilen solche in ganz kindlichem Alter - zu „stechen“, sie mit scharfen Werkzeugen, gewöhnlich an gewissen durch Ideenassoziation nahegelegten Prädilektionsstellen (Unterleib, Hinterteile, Lenden, Schenkel usw.) mehr oder minder schwer zu verwunden - und die nach solcher heimtückisch beigebrachten Verletzung schleunig davoneilen: die sogenannten Stecher, Piqueurs, Mädchenstecher - die in der neueren Grossstadtannalistik eine in einförmiger Weise nur zu häufig wiederkehrende Rubrik bilden. Dass übrigens gerade dieser Sadistentypus keineswegs eine völlig neue und überraschende Erscheinung darstellt, das geht aus einem interessanten Dokument, einem von Charlotte von Schiller an Knebel gerichteten Briefe vom 19. März 1820 hervor1), worin es wörtlich heisst:


1) Mitgeteilt in der Vossischen Zeitung, 20. Februar 1909.

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