es scheint, die auf seinen Befehl und vor seinen Augen vollzogenen Blutentziehungen dem Marquis als wollusterregender Reiz, als vorbereitender Akt der eigentlichen geschlechtlichen Befriedigung - diesmal an dem Opfer selbst - dienen müssen. Das Abenteuer klingt auch in Justine und Juliette wieder, im dritten und vierten Buch der Justine, in der Schilderung des Grafen Gernande, jenes Monomanen der Aderlässe und Inzisionen, dessen blutgieriger Passion schon sechs Frauen zum Opfer gefallen sind. Wie es nun mit der Gleichzeitigkeit der beiden Ereignisse auch stehen mag; jedenfalls wurde de Sade daraufhin von neuem verhaftet und erst nach Vincennes, dann (im Jahre 1789) nach der Bastille gebracht, zu deren letzten Insassen, oder - im Sinne der Revolutionsschwärmer - unglücklichen Opfern er sich zählen durfte. Denn erst kurz vor dem berühmten Bastillensturm wurde er infolge eines Wortwechsels mit dem Gouverneur Delaunay (dem nachherigen Opfer der Volkswut) nach dem Irrenasyl Charenton übergeführt, sonst würde auch ihm die Volksmenge an jenem blutigen 14. Juli 1789 die Freiheit verschafft haben, die er nun erst neun Monate später erhielt, durch den Beschluss der konstituierenden Versammlung vom 17. März 1790, der die sofortige Befreiung aller durch „lettre de cachet“ Verhafteten anordnete.

Der dankbare Marquis stürzte sich denn auch mit Begeisterung in den Strudel der revolutionären Bewegung; er liess mehrere dieser Richtung huldigende Theaterstücke aufführen und trat später dem Klub der Pikenmänner (société populaire de la section des piques) bei, als deren Sekretär er am 29. September 1793 eine noch erhaltene Rede hielt, die den Manen der edlen Volkshelden, Marat und Lepelletier geweiht und ganz und gar mit dem schwülstigen Phrasengewäsch des Demagogentumes jener Tage, in das sich de Sade ziemlich geschickt hinein zu finden wusste, erfüllt ist. Auch in der Juliette, an der de Sade damals arbeitete und im Geheimen druckte, fehlt es nicht an bluttriefenden Tiraden gegen, die „Tyrannen“ und an einem ultrarevolutionären fanatischen Hasse gegen Königtum und monarchische Institutionen, der nur durch den Hass gegen Religion und Kirche noch überboten wird. Bei alledem vermochte sich de Sade - wie es scheint, wegen einiger zur Rettung seines Schwiegervaters Montreuil unternommenen Schritte - dem Misstrauen der revolutionären Machthaber nicht zu entziehen; er wurde als „verdächtig“ denunziert, im Dezember 1793 verhaftet und erhielt erst nach dem Sturze Robespierres, im Oktober 1794, seine Freiheit wieder. Bessere Zeiten brachen für ihn unter dem Directoire an, als ein Wüstling und Schwelger wie Barras mit seinen Gesinnungsgenossen die Geschicke Frankreichs leitete und unter dem Aushängeschild der Republik die Sittenzustände spätrömischer Dekadenz wieder heraufführte. Damals durfte de Sade es wagen, nicht nur 1796 die vollendete Juliette, sondern auch 1797 sein gesamtes zehnbändiges Hauptwerk und zugleich eine neue veränderte Auflage der Justine mit Kupferstichen erscheinen zu lassen und von diesem Werke den fünf Mitgliedern des Direktoriums eigens abgezogene Velinexemplare zu überreichen. Aber diese schönen Zeiten konnten nicht dauern. Bald kam das Säbelregiment Bonapartes, das Konsulat; und als de Sade auch dem Ersten Konsul seine beiden Werke in der eben neu erschienenen Gesamtausgabe zuzuschicken wagte, kam er schlimm an. Bonaparte soll, nachdem er wenige Zeilen gelesen halte, die Bücher, trotz ihrer reichen Einbände, ins Feuer geworfen haben. Jedenfalls liess er sofort die ganze Auflage konfiszieren, den Verfasser noch im selben Jahre verhaften und erst nach Sainte-Pélagie, dann, (1803) nach Charenton bringen, wo er als unheilbarer und gefährlicher Geisteskranker bis zu seinem Lebensende festgehalten wurde. Allerdings scheint bei der gegen de Sade beobachteten Strenge auch der Umstand mitgewirkt zu haben, dass dieser ein gegen Josephine und ihre Freundinnen, gerichtetes Pasquill - unter dem Namen Zoloé et ses deux acolytes - in Umlauf gesetzt haben soll. Aus den letzten Lebensjahren des Marquis, aus der Zeit seines Aufenthaltes in Charenton, be-

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