Beute durch Raubtiere usw. solche durch Angststoffe erweckte Lustgefühle mitbeteiligt sein mögen (man dürfte auch an die bei rein ästhetischer Betrachtung unerklärliche Vorliebe für „haut gôut“ und dessen Erzielung durch Hetzen des Wildes erinnern)1).

Auf der anderen Seite verführt die durch Sitte und gesellschaftliche Verhältnisse gebotene Eindämmung des Geschlechtsverkehrs, der nicht selten auferlegte Zwang geschlechtlicher Entbehrung den schwächeren und widerstandsunfähigen Teil der Männerwelt, sich um den Preis der in Aussicht gestellten oder auch nur fälschlich erhofften Hingebung allen Launen und Herrschaftsgelüsten ihrer „Herrinnen“, allen Misshandlungen und Demütigungen weiblicher Despoten sklavisch zu unterwerfen. In elementaren Anfängen ist ja auch dieser Zug im Geschlechtsleben - selbst innerhalb der Tierwelt im vielgestaltigen Werben des Männchens um das Weibchen - allenthalben angedeutet. So lange der den eigenen Begierden gegenüber widerstandsunfähige Mann noch „verliebt“, d.h. im wesentlichen so lange sein geschlechtliches Begehren noch ungestillt ist, kann ein berechnendes, schlau versagendes und verheissendes Weib alles mit ihm machen, ihn (wie Lili ihren „Bären“) triumphierend herumführen. Bei der ersichtlich zunehmenden Effemination der Männer und der entsprechenden Maskulinisation der Weiber, die zu den interessantesten (wenn auch mindest erfreulichen) kulturgeschichtlichen Erscheinungen unserer Zeit gehört, muss sich das natürliche Geschlechtsverhältnis zuungunsten der Männer immer mehr verschieben, und wir dürfen uns daher über das Umsichgreifen masochistischer Vertrottelung auf der einen Seite und das Hervortreten einer zähneknirschenden Misogynie à la Strindberg auf der anderen Seite und ähnliche Kundgebungen keineswegs wundern. Wenn der „verliebte“ Mann sich - ein trauriges Schauspiel - vielfach zum Sklaven und zum Spielball für die Launen elender Weiber hergibt, so machen sich diese in ausgleichender Selbstgerechtigkeit ebenso zu Sklavinnen ihrer noch elenderen begünstigten Liebhaber, ihrer Zuhälter, die somit gewissermassen die männlichen Geschlechtsgenossen für erduldete Ausbeutung und Misshandlung rächen - wie andererseits in nicht minder zahlreichen Fällen die unglücklichen Ehefrauen als duldende Märtyrerinnen für das von ihren Geschlechtsgenossinnen Verbrochene zu büssen haben. Ein grässliches Beispiel eines derartigen Verhältnisses und des Herabsinkens zu tiefster masochistischer Demenz schildert u.a. der anonym erschienene Roman „La maitresse et l’esclavé“, Paris, maison mystère, fin du XIX siêcle.


1)Vgl. über diese und andere bemerkenswerte hierhergehörige Phänomene das grundlegende Werk „Die sexuelle Osphresiologie“; die Beziehungen des Geruchsinnes und der Gerüche zur menschlichen Geschlechtstätigkeit. Von Dr. Albert Hagen (Iwan Bloch), Charlottenburg, H. Barsdorf, 1901.

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