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Jahresübersicht 1998
| Monatsübersicht Dezember
Im ersten Teil seiner Serie über Sex in der deutschen Gesellschaft befragte das Nachrichtenmagazin "Spiegel" in Heft Nr. 50 vom 07. Dezember 1998 mehrere Jugendliche sowie Wissenschaftler zum Thema Sex. Folgende Abschnitte beschäftigen sich mit SM:
Zu Linda, 16 Jahre alt:
TV-Sex-Magazine wie "peep!" oder "liebe sünde" sieht Linda gern: "Man kriegt Einblicke in andere Szenen, Sado-Maso oder so, und wenn ich sehe, daß die Spaß daran haben, finde ich das auch total natürlich". (Seite 108)
Georg Romer, Jugendpsychiater an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf in Bezug auf Vergewaltigungen durch Jugendliche:
"Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die sexuelle Aggresivität unter Kindern und Jugendlichen zugenommen hat." (Seite 109)
Sara-Ellen, 15 Jahre alt, aus Tostedt, beschreibt wie sie auf einer Love-Parade, wie sie "perfekt" mit einem Mann zusammengekommen ist:
Bis wir in so einem Club waren, wo Sado-Maso-Fotos an der Wand hingen. Da war ich plötzlich erschrocken: Hilfe, wo bin ich? Drin war dann alles voll freundlich, mit Sonnenblumen und so. Wenn er auf so was steht, hätte ich das nicht gerade gut gefunden: Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand etwas so Schönes wie Sex mit Schmerz verbinden kann. Kratzen und beißen, das geht noch, das muß man ja manchmal, damit man nicht völlig durchdreht.
Aber ich glaube, ich muß auch so was ausprobieren, bevor ich es eklig finde. Das Dominante und die Piercings sind ja geil, nur der Schmerz, nee. Alles ist doch voll in Ordnung, solange man niemanden verletzt, weder körperlich noch vom Gefühl. (Seite 118)
Franziska, 15 Jahre, aus Dresden:
Oral finde ich eklig oder Sado-Maso und so. Damit kann ich mich nicht anfreunden, aber ich denke mal, wenn man ein paarmal mit einem geschlafen hat, kommt man garantiert auf andere Ideen. Irgendwas dem zuliebe zu machen, finde ich beknackt. Das soll schon nach meinem Willen gehen. (Seite 120)
Aus einem Interview mit dem Bremer Soziologen Gerhard Amendt:
SPIEGEL: Auch das Pathologische wird nicht mehr totgeschwiegen: In jeder zweiten Talkshow sitzt ein Sodomist oder Masochist.
AMENDT: Das Perverse wird heute öffentlich vorgeführt und nicht mehr einfach im Klo weggespült, weil es den Zuschauer in einen Voyeur verwandelt, der nicht abschaltet. Das Zynische der Medien besteht aber darin, daß sie mit perversen Menschen reden, ohne die gestörte Beziehung in der Perversion und die oft traumatische Genese zu thematisieren. Sie geben nur ihre Oberfläche nach außen, um die Zuschauer zu erregen. Die Scheinheiligkeit hat zugenommen. Es beweist die Unfähigkeit der Gesellschaft, in Beziehungen zu denken. (Seite 124)
KOMMENTAR
Die Schwesterzeitschrift von "Spiegel", "Spiegel Spezial", hat für Januar 1999 ein Heft mit dem Titel "Volk ohne Moral? Ein deutscher Sittenspiegel" angekündigt.
An mehreren Stellen im Internet erhält man kostenlosen Zugang zur medizinischen Datenbank MEDLINE, in der wissenschaftliche Facharbeiten aus aller Welt zentral aufgelistet werden. Eine Liste der verfügbaren Sites erhält man über eine Suchmaschine, als Beispiel hier nur www.healthgate.com . Der Suchstring für SM lautet dabei SADOMASOCHISM, allerdings sollte man auch SADISM und MASOCHISM auch getrennt probieren. Mit den Angaben aus der Datenbank können die Arbeiten in ihrer vollen Länge bei Universitäts-Bibliotheken bestellt werden. Diese Bibliotheken haben meist MEDLINE auch auf CD-ROM verfügbar.
Als Beispiel aus aktuellem Anlaß: Der Suchstring für Arbeiten über Pornographie und Vergewaltigung lautet RAPE AND EROTICA (nicht: pornography). Unter der oben angegebenen Site erhält man dann mehrere Arbeiten, zum Beispiel:
Title The relationship between nonenforcement of state pornography laws and rates of sex crime arrest.
Author Winick C; Evans JT
Address City University of New York Graduate School, New York 10036, USA.
Souce Arch Sex Behav, 1996 Oct, 25:5, 439-53
Abstract The nonoperation of antipornography statutes in four sates (Maine, North Carolina, Pennsylvania, and Washington) for varying periods between 1973 and 1986 provided an opportunity to examine the impact of such statutes and pornography availability on sex crimes because nonenforcement is associated with an increase in the availability of sexually explicit materials. Arrests for property offenses and for rape, prostitution, and other sex offenses during the period before the suspension of the laws, when compared with the period during the suspension, reflected no significant changes. Findings are consistant with other foreign and American studies that have failed to find a link between exposure to sexually explicit media materials and rates of reports of rape and other sex offenses.
Language of Publication English
Dazu kommen noch eine Reihe von anderen Angaben zur Arbeit, die meist nicht so wichtig sind. Die Source ist meist der abgekürzte Name einer Fachzeitschrift, in diesem Fall "Archives of Sexual Behaviour". Auch deutsche Arbeiten haben meist einen englischen Abstract. Die meisten Arbeiten zu SM sind bis heute von Freudianern geschrieben.
KOMMENTAR
Englische und amerikanische Wissenschaftler schreiben genauso schlecht wie ihre deutschen Gegenstücke. In dem Abstract oben ist der letzte Satz der eigentlich wichtige für uns. Vereinfacht gesagt: Die Ergebnisse der Studie - kein Zusammenhang zwischen Verhaftungen wegen Sexualdelikte und der Verfügbarkeit von Pornographie - stimmen demnach mit anderen Studien überein, die keine Verbindung zwischen Pornographie und der Vergewaltigungsrate gefunden haben.
AKTE 98/51 mit Ulrich Meyer
Der tödliche Kick: Gefährliche Sexspiele
Den besonderen sexuellen Kick suchte Norbert F. (39), doch seine Vorliebe für bizarre Lust-Spiele endete tödlich. Der Freund fand ihn tot, erstickt unter einer Gasmaske. Strangulation, Elektroschocks, körperliche Qual - Sex-Unfälle, die das Leben kosten. Etwa 100 Tote gibt es jedes Jahr in Deutschland.
Zuschauerpost: Akte98, Postfach 110249, 10832 Berlin.
Quelle: SAT1 Videotext 356 3/3
KOMMENTAR
Der Trailer in Sat1 fängt, wie könnte es anders sein, mit einer Szene aus einem SM-Studio an. Eine kurze Einblendung einer Zeitungsmeldung folgt. Wenn aus diesem AKTE 98/51 Bericht wenigstens die Wichtigkeit von Ansprechpartnern, Gesprächsgruppen hergeleitet werden würde. Aber damit wird wohl nicht zu rechnen sein :-(
ERGAENZUNG [15. Dez 1998]
SAT1, Dienstag 15. Dez 1998 "Akte 98/51"
22.15 Uhr 2220 VPS bis 23.20 Uhr
Die SM-Gesprächsgruppe SchauMal in Bielefeld hat sich laut der "Depesche" Ausgabe Dezember 1998 aufgelöst. Details wurden nicht bekannt.
Die Arbeitsgemeinschaft SM & Öffentlichkeit (AG SMÖff) ist laut der "Depesche" Ausgabe Dezember 1998 unter neuen Nummern zu erreichen:
Tel: 04321 - 18 70 33 Fax: 04321 - 18 70 34
Als Grund wurde der Rückzug eines Redaktionsmitglieds aus der aktiven Arbeit der Gruppe angegeben.
Das "SM Handbuch" von Matthias T.J. Grimme ist nach Angaben des Charon-Verlags in Hamburg nun auch per Mailorder von Bertelsmann zu erhalten. In dem Katalog "Best!Seller - medien paradies / Lesen, Hören, Sehen - Erleben", Ausgabe Dezember 1998 werde das Handbuch auf Seite 135 unter der Überschrift "Härter kann's nicht kommen" aufgelistet. Auf diese Weise seien in drei Wochen 700 Handbücher verkauft worden.
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Erzeugt am: 15.03.2006
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