muss - sich als eine pathologische Entartung eigentlich dem Weibe zukommender Charaktere, des dem Weibe physiologischen Unterordnungs-instinktes darstellt.
Dementsprechend finden sich für die Erklärung des Sadismus ebenfalls zwei konstitutive Elemente, deren Ursprung sich bis ins Gebiet des Physiologischen zurückverfolgen lässt: 1. dass im sexuellen Affekt, gewissermassen als psychische Mitbewegung, ein Drang entstehen kann, auf den Gegenstand der Begierde auf jede mögliche möglichst starke Weise einzuwirken, was bei sexuell hyperästhetischen Individuen zu einem Drang der Schmerzzufügung werden kann; 2. dass die aktive Rolle des Mannes, seine Aufgabe, das Weib zu erobern, unter pathologischen Bedingungen zu einem Verlangen nach schrankenloser Unterwerfung werden kann.
So stellen sich Masochismus und Sadismus als vollkommene Gegensätze dar. Dem entspricht auch, dass den von diesen Perversionen ergriffenen Individuen als ihr Ideal die entgegengesetzte Perversion beim anderen Geschlechte erscheint, wie z. B. aus Beobachtung 57 und auch aus Rousseaus Confessions hervorgeht.
Die Gegenüberstellung des Masochismus und Sadismus kann aber auch dazu dienen, die Möglichkeit der Annahme vollständig zu beseitigen, als ob der erstere ursprünglich aus der reflektorischen Wirkung der passiven Flagellation entsprungen sei und alles Weitere das Produkt hieran anknüpfender Ideenassoziationen wäre, wie Binet bei der Erklärung von Rousseaus Fall meint und wie Rousseau selbst glaubte (vgl. oben p. 126). Bei der aktiven Misshandlung nämlich, welche für den Sadisten den Gegenstand des sexuellen Gelüstes bildet, findet ja gar keine Reizung der eigenen sensiblen Nerven durch den Misshandlungsakt statt, so dass hier an dem rein psychischen Charakter des Ursprunges dieser Perversion nicht gezweifelt werden kann. Sadismus und Masochismus sind einander aber so verwandt, entsprechen einander in allen Stücken so sehr, dass der Analogieschluss von einem auf den anderen auch in diesem Falle gestattet sein muss und schon allein genügen würde, den rein psychischen Charakter des Masochismus zu erweisen.
Nach der oben ausgeführten Gegenüberstellung aller Elemente und Erscheinungen des Masochismus und des Sadismus, und als Resümé aller beobachteten Fälle, erscheinen Lust am Schmerzzufügen und Lust am zugefügten Schmerze nur wie zwei verschiedene Seiten desselben seelischen Vorganges, dessen Primäres und Wesentliches das Bewusstsein aktiver, bzw. passiver Unterwerfung ist, wobei der Verbindung von Grausamkeit und Wollust nur eine sekundäre psychologische Bedeutung innewohnt. Grausame Handlungen dienen zum Ausdruck dieser Unterwerfung, einmal, weil sie das stärkste Mittel zum Ausdruck dieses Verhältnisses sind, dann, weil sie überhaupt die stärkste Einwirkung darstellen, die ein Mensch neben und ausser dem Koitus auf einen anderen ausüben kann.
Sadismus und Masochismus sind Resultate von Assoziationen, in dem Sinne, in dem alle komplizierteren Erscheinungen des Seelenlebens Assoziationen sind. Das psychische Leben besteht ja, nach Produktion der einfachsten Elemente des Bewusstseins, nur aus Assoziationen und Dissoziationen dieser Elemente.
Es ist aber das Hauptergebnis der hier ausgeführten Analysen, dass Sadismus und Masochismus nicht etwa Resultate zufälliger Assoziationen sind, durch den Eintritt eines okkasionellen Moments einer zeitlichen Koinzidenz erworben, sondern Resultate von Assoziationen, die durch eine auch unter normalen Umständen vorhandene Nachbarschaft präformiert sind, unter bestimmten Bedingungen aber - sexuelle Hyperästhesie - leicht wirklich geknüpft werden. Ein abnorm gesteigerter Geschlechtstrieb wächst nicht bloss in die Höhe, sondern auch in die Breite. Auf Nachbargebiete übergreifend ver-