Beobachtung 63
. Eine Dame erzählte mir folgendes: "Als junges, unwissendes Mädchen wurde sie mit einem etwa 30jährigen Manne verheiratet. In der ersten Nacht ihres Ehelebens zwang er ihr ein Waschnäpfchen mit Seife in die Hände und wünschte dringend, ohne jedwede Liebesbezeugung, von ihr um Kinn und Hals (wie zum Barbieren) eingeschäumt zu werden. Die völlig unerfahrene junge Frau tat es und war nicht wenig erstaunt, in den ersten Wochen ihres Ehelebens dessen Geheimnisse in absolut keiner andern Form kennen zu lernen; der Mann erklärte ihr beständig, dass es ihm höchster Genuss sei, von ihr im Gesicht eingeschäumt zu werden. Nachdem sie später Freundinnen zu Rate gezogen, brachte sie ihren Mann zur Ausübung des Koitus und hat, wie sie bestimmt versichert, von ihm im Laufe der Jahre drei Kinder bekommen. Der Mann ist ein fleissiger und solider, aber kurz angebundener, mürrischer Mensch, seines Zeichens Kaufmann."Es ist immerhin denkbar, dass der hier erwähnte Mann den Akt des Rasierens (resp. Einseifens als Vorbereitung dazu) als eine rudimentäre, symbolische Verwirklichung von Verletzungs- oder Tötungsvorstellungen und Messerphantasien, wie sie der obige ältere Herr in seiner Jugend hatte, auffasste und auf diese Weise dadurch sexuell erregt und befriedigt wurde. Das vollkommene sadistische Gegenstück zu diesem so aufgefassten Falle liefert dann die oben p. 94 mitgeteilte Beob. 37, welche einen Fall von symbolischen Sadismus betrifft.
Symbolischer Masochismus
Es gibt eine ganze Gruppe von Masochisten, welche sich mit symbolischen Andeutungen der ihrer Perversion entsprechenden Situationen begnügt, eine Gruppe, welche der Gruppe e) der "symbolischen" Sadisten entspricht, so wie die früher angeführten Fälle von Masochismus den Gruppen c) und a) des Sadismus entsprachen. Gleich wie sich die perversen Gelüste des Masochisten einerseits (freilich nur in der Phantasie) bis zum "passiven Lustmord" steigern, so können sie andererseits sich mit blossen symbolischen Andeutungen der erwünschten Situation begnügen, die sonst durch Misshandlungen ausgedrückt wird (was freilich, objektiv genommen, noch immer weiter geht, als jenes Phantasma des Ermordetwerdens, nach der entscheidenden subjektiven Sachlage aber weniger weit).
Es mögen hier neben dem obigen Fall der Beob. 63 noch einige derartige Fälle angeführt werden, in denen die von Masochisten gewünschten und bestellten Vorgänge rein symbolischen Charakter haben und gewissermassen zur Markierung der ersehnten Situation dienen.
Beobachtung 64
. (Pascal, Igiene dell' amore.) Alle drei Monate erschien bei einer Prostituierten ein etwa 45 Jahre alter Mann und bezahlte ihr 10 Frcs. für folgenden Vorgang. Die Puella musste ihn entkleiden, ihm