sexueller (algolagnistischer) Erregung. Unzählig sind die Flagellationsgeschichten, die von einem derartigen Missbrauch der Flagellation als kirchlichen, besonders klösterlichen Buss- und Zuchtmittels berichten. Doch ist natürlich nur das Wenigste davon in dieser Hinsicht sicher beglaubigt - sehr vieles anekdotischer Klatsch, oder tendenziös böswillige Erfindung; anderes mindestens so, dass es für eine Auslegung im obigen Sinne nicht unbedingt in Betracht kommt. Freilich mag es wohl nie an vereinzelten Pädagogen und Klerikern (Jesuiten und Nichtjesuiten) gefehlt haben, die wie Boileau singt, cet abus odieux geflissentlich kultivierten
Qui, sous couleur d'eteindre en nous la volupté,
Par l’austerité mème et par la pénitence
Sait allumer le feu de la lubricité.
Besonders gefährlich wurde der Gebrauch der Disziplin - welche Bezeichnung für diese kirchlichen Buss- und Zuchtmittel allmählich aufkam - seitdem man dazu überging, die Züchtigung nicht mehr (wie im Anfange) auf Schulter und Rücken, sondern vorzugsweise - und namentlich beim schwächeren Geschlecht fast allgemein - auf das Gesäss zu erteilen - die sogenannte disciplina deorsum oder secundum sub gegenüber der disciplina sursum oder secundum supra im Mönchslatein jener Tage - und seitdem man auch dazu gelangte, die Pönitenten bei der Züchtigung mehr oder weniger vollständig zu entblössen, weil schon in der geduldeten oder freiwillig vorgenommenen Entblössung an sich ein verdienstlicher Akt echter Selbstdemütigung liegen sollte - wie es bei einem Zelotiker dieser Richtung (Kardinal Pullus) heisst - est ergo satisfactio quaedam, aspera tamen, sed Deo tanto gratior quanto humilior, cum quilibet sacerdotis prostratus ad pedes, se caedendum virgis exhibet nudum. Und nicht bloss quilibet, sondern noch mehr quaelibet. Von diesem nicht unbedenklichen Gesichtspunkte scheint u. a. jener in so traurigen Ruf gekommene Bruder B. Cornelis Adriaensen von Dordrecht ausgegangen zu sein, der in Brügge so eifrig gegen Calvinisten und Lutheraner predigte und eine Art flagellantistischer Schule unter der weiblichen Bevölkerung Brügges ins Leben rief, indem er seine zahlreichen weiblichen Beichtkinder, oder wenigstens eine Elite davon, in die Mysterien der unteren Disziplin auf den nackten Körper einweihte. Es hat sich, seitdem die erste Historie von B. Cornelis Adriaensen im Jahre 1569 erschien, eine umfangreiche, teils ernsthafte, teils satirische Literatur darüber entsponnen, die wir bei Pisanus Fraxi 1) am unbe-
1) Centuria librorum absconditorum, p. 213-224. - Sehr unkritische und tendenziöse Darstellungen dagegen bei Giovanni Frusta, Corvin und andere, die lediglich vom antiklerikalen Standpunkte an die Sache herangingen.