Zielen und Absichten gemäss sei, und dass wir im Gegenteil höchstens dann verwerflich handeln, wenn wir uns diesen Absichten der Natur widersetzen, statt ihnen, auch soweit sie in unseren scheinbar verbrecherischen Begierden zum Ausdruck kommen, blindlings, widerstandlos zu folgen. Altruistische Rücksichten können und dürfen uns dabei am allerwenigsten hindern; was die Toren Humanität nennen, ist nur eine aus der Furcht und dem Egoismus entsprungene Schwäche, heisst es in der Philosophie dans le boudoir, Band II, Seite 178), und ebenda wird auseinandergesetzt, dass es Verbrechen überhaupt nicht geben könne, dass wir nur blinde Werkzeuge dessen zu sein nahen, was die Natur uns inspiriert: Nons dicta-t-elle d'embrâser l’univers? Le seul crime serait d’y résister et tous les scélérats de la terre ne sont que les agents de ses caprices. Und ganz dieser Anschauung entsprechend krönt denn auch Juliette die lange Erzählung ihrer Abenteuer und siegreichen Erfolge mit den ein wahrhaft infernalisches Glaubensbekenntnis enthaltenden Worten: Tant pis pour les victimes, il en faut; tout se détruirait dans l’univers, sans les lois profondes de l’equilibre: ce n’est que par des forfaits que la nature se maintient et reconquit les droits que lui enlève la vertu. Nous lui obéissons donc en nous livrant au mal; notre résistance est le seul crime, qu’elle ne doive jamais nous pardonner. Oh! mes amis, convainquons-nous de ces principes! Dans leur exercice se trouvent toutes les sources du bonheur de l’homme (Juliette, Band VI, Seite 343, 344).
Ich glaube, man hat ein gewisses Recht, einen solchen Moralstandpunkt als den einer Art Antimoral oder Teufelsmoral zu kennzeichnen, und ich möchte daran nur die Bemerkung knüpfen, dass bei dem Ausbau dieser Moral auch eine ganz ähnliche Inkonsequenz oder - richtiger - Unzulänglichkeit zutage tritt wie bei der gewöhnlichen deistischen Moral; während diese nämlich den Ursprung des Bösen nicht in überzeugender Weise darzutun vermag, erscheint es vom Standpunkt de Sades ebenso unmöglich, den Ursprung des Guten, das es ja nach alledem doch auch in der Welt gibt und das in seinen zu Opfern bestimmten Vertretern sogar einen so breiten Raum einnimmt, einleuchtend zu erklären. Ein Versuch dazu wird übrigens gar nicht einmal gemacht; wer wollte auch Selbstkritik und nötigenfalls Verzichtleistung auf die schon von vornherein feststehenden Prämissen bei einem mit geistigen Scheuklappen versehenen und im Genüsse seines Ein- und Allgedankens schwelgenden Monoideisten erwarten?
So bekunden denn alle die zahlreichen Vertreter und Vertreterinnen des Bösen, die uns in Justine und Juliette vorgeführt werden, ein felsenfestes Vertrauen auf den Sieg ihrer Sache, ein Vertrauen, das in der ganzen Kette der Ereignisse, die sich vor uns abspielen, auch niemals getäuscht wird. Selbst in den misslichsten Lagen,