scheint, abbröckelnden Rechtsverhältnissen der Geschlechter doch in keiner Weise die Rede. Im Gegenteil, die weisen Gesetzgeber, die - von Manu und Moses her bis auf den ersten Napoleon - dem Weibe eine rechtlich so untergeordnete Stellung anwiesen, dachten und handelten in ihrer Art ganz frauenfreundlich, indem sie (à la Moebius) sich des von ihnen längst erkannten physiologischen Schwachsinus des Weibes erbarmten und dieses unter den Schutz des Mannes stellten - eines freilich nur zu oft etwas unzuverlässigen und gewalttätigen Beschützers.

Der „Wilde“, der „Naturmensch“ - ein brutales Halbtier, in Wahrheit oft „tierischer als jedes Tier“ - blickt auf das Weib mit Verachtung einerseits wegen seiner physischen Schwäche, andererseits wegen der aus dem Gefühl dieser Schwäche notwendig entspringenden Sklavenuntugenden, der Falschheit und Tücke. Wie tief in den Augen auch des heutigen Wilden das Weib steht, davon hat u. a. der bekannte, als Missionar und Zivilisator der nordafrikanischen Völkerschaften hochgeschätzte Kardinal Lavigerie einzelne Züge mitgeteilt, die in ihrer naiv stumpfsinnigen Barbarei geradezu grauenhaft anmuten. Aber jene Anschauung vom Weibe spiegelt sich auch im Lichte der stufenweise fortschreitenden Kultur, ja sie ist bis in unsere heutige Kulturwelt hinein wohl in Formen und Ausdruck gemildert, dem Wesen nach trotz aller galanten Phraseologie fast unverändert. Den Orientalen nicht bloss, sondern auch der hellenisch-römischen Kulturwelt war die Minderwertigkeit des Weibes eine so unzweifelhaft feststehende Tatsache, wie sie es noch für Lombroso und Moebius war, und nur wenige erleuchtete Geister (wie Platon im „Staate“) vermochten sich zeitweilig über die Grenzen einer solchen Anschauung hinaufzuschwingen. Dem scharfblickenden Römer Tacitus machte es einen gewaltigen Eindruck, dass die alten Germanen am Weibe „etwas Heiliges und Prophetisches“ (sanctum et providum aliquid) verehrten - und doch war auch dieser altgermanische Frauenkultus recht fragwürdiger Natur und schloss Raub, Verkaufen und Verspielen der Frau, sowie die barbarische Bestrafung der Frau allein wegen ehelicher Untreue so wenig aus, wie die minnesängerische Anhimmelung der Frauen im späteren Mittelalter weibliche Rechtlosigkeit und brutales tätliches Vergreifen am Weibe auszuschliessen vermochte. Jene Anhimmelung war eben etwas künstlich Anerzogenes, Manieriertes - die Barbarei dagegen steckte tief in der Gesinnung, und sie steckt verkappt und verhüllt noch jetzt in der verweigerten Rechtsgewährung, in der ungleichen zivilrechtlichen Behandlung, der schweren Benachteiligung des weiblichen Geschlechts in fast allen Beziehungen des sozialen und öffentlichen Lebens. So waren denn auch die Ergebnisse fast überall und zu allen Zeiten die nämlichen.

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