selbst am meisten zu empfinden, aus der Wonne der Umarmung gleichsam als ein gesteigertes, gekräftigteres Ich hervorzugehen. So bildet der Egoismus die Basis des natürlichen Geschlechtstriebes, die auch in den seelischen Projektionen desselben sichtbar wird. Um so glücklicher ist die Liebe, je mehr nun auch in seelischer Beziehung die Geliebte zu einer Beute des Liebenden wird, und vielleicht wird dieser Sieg auf psychischem Gebiete noch viel lustvoller empfunden, als die körperliche Hingebung.

Grausamkeit als potenzierter Egoismus.

Die krasseste Aeusserungsform nun des menschlichen Egoismus, welch letzterer in der geschlechtlichen Liebe eine so hervorragende Rolle spielt, ist die Grausamkeit, die Freude an dem Leiden und den Schmerzen eines anderen. Ihr Wesen als eine allgemeine anthropologische Erscheinung ist neuerdings von J. Bloch in seinem bedeutsamen Werke über die „Aetiologie der Psychopathia sexualis“ (Dresden 1903) in eingehender Weise wissenschaftlich untersucht und in ihren verschiedenen ursächlichen Momenten dargestellt worden, auf welche interessanten Ausführungen wir den Leser verweisen.

Schopenhauer’s Ansicht, dass der Mensch einen natürlichen Hang zur Grausamkeit besässe, wird durch die Beobachtungen an primitiveren Menschen, an Wilden und Kindern bestätigt. Hier erscheint derselbe noch als etwas Natürliches, Selbstverständliches. Man beobachte nur, wie Kinder die ihnen in die Hände fallenden Tiere zwecklos, aus purem Zeitvertreibe und zu ihrer eigenen Belustigung quälen und martern.

Nach Nietzsche durchzieht dieser primitive menschliche Hang zur Grausamkeit auch die gesamte höhere Kultur des Menschengeschlechts. „Fast Alles“, sagt er, „was wir ,höhere Kultur’ nennen, beruht auf der Vergeistigung und Vertiefung der Grausamkeit

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